Mobility-Coup im Vorfeld des Mobile World Congress

Nokia macht den Phönix

26. Januar 2017, 7:11 Uhr | Von Stefan Mutschler.

Zwischen der CES in Las Vegas und der CeBIT in Hannover sieht die Jahreschronik traditionell den Mobile World Congress (MWC) in Barcelona vor, das weltgrößte Mobility-Event. Der Fokus dieser Veranstaltung liegt längst nicht mehr auf den trendigsten Smartphones, vielmehr stehen das Internet der Dinger (IoT) mit intelligenten Geräten/Heimen/Städten etc. und Wearables samt mobiler Infrastruktur im Mittelpunkt. Dennoch gibt es auch bei den Smartphones in diesem Jahr Hochspannung: Sowohl Nokia als auch Microsoft planen einen Smartphone-Neustart.

Windows adé: Wenn Nokia in diesem Jahr in den Markt für Mobiltelefone, Smartphones und Tablets zurückkehrt, dann ohne Windows, das unter der Ägide von Microsoft auf die Lumia-Geräte des Herstellers gespielt wurde. Während in den klassischen Mobiltelefonen als Betriebssystem Nokia Series 30+ zum Einsatz kommt, sollen die Smartphones und Tablets diesmal auf Android-Basis laufen.

Über einen Private-Equity-Fonds namens Smart Connect LP schuf Nokia im Frühjahr 2016 das neue Unternehmen HMD Global Oy. HMD sitzt in Espoo, der zweitgrößten Stadt Finnlands und verfügt über die Lizenz, den Markennamen Nokia für Mobiltelefone, Tablets und Smartphones weltweit wieder einzuführen. Der Vertrag, der HMD für zehn Jahre lang die Exklusivrechte am Markennamen Nokia einräumt, stattet das Unternehmen zudem mit einem umfangreichen Paket an Patenten von Nokia aus - ebenso wie mit zum Jahresende 2016 ausgelaufenen Lizenzen aus dem Deal, den Nokia 2013 mit Microsoft eingegangen war. Zum Top-Management von HMD gehört unter anderem Jean-Francois Baril, vor diesem Job ein führender Kopf bei Nokia. Allein für das Marketing der Marke Nokia will HMD über die nächsten drei Jahre 500 Millionen Dollar ausgeben.

Das erste Nokia-Gerät, mit dem HMD aller Voraussicht nach schon bald auf den Markt kommen will (auf der HMD-Web-Site wurde es schon am 13. Dezember 2016 veröffentlicht), ist ein einfaches, angeblich sehr hochwertiges und robustes Mobiltelefon mit bis zu einem Monat Stand-by-Zeit. Für einen Preis von um die 35 Euro soll der Käufer mit dem "Nokia 150" neben einem relativ großen Display von 2,4 Zoll auch eine brauchbare Foto- und MP3-Player/Radio-Funktion erhalten.

Außer den klassischen Mobilpuristen adressiert HMD damit auch Smartphone-Besitzer, die für den Fall der Fälle gerne noch ein lange durchhaltendes, zusätzliches Telefon dabei haben – auch als permanente Reserve im Handschuhfach des Autos.

So richtig spannend wird es natürlich bei den Smartphones - hier ist in den letzten Wochen und Monaten die Gerüchteküche übergesprudelt. Die HMD-Site erschöpfte sich zum Zeitpunkt unserer Recherchen mit dem Hinweis, dass hier demnächst spannende Dinge angekündigt werden. Als relativ sicher gilt, dass Nokia und HMD auf dem MWC ein Einsteiger-Smartphone mit 5,5-Zoll-Display für rund 200 Dollar vorstellen. Im Gespräch ist auch eine kleinere Variante davon mit 5-Zoll-Screen für 150 Dollar. Auch ein Mittelklasse-Smartphone soll in der Pipeline sein – es soll mit Android 7.0 Nougat – ausgestattet sein, angetrieben von einem Snapdragon 600 Prozessor, 4 GByte RAM und 64 GByte Speicher.

Definitiv wollen die Finnen jedoch auch wieder im High-end-Markt mitspielen. Ernst zu nehmende Leaks berichten von einem nahezu 6 Zoll (Diagonale) großen Smartphone mit Android 7.1 auf Basis eines High-end-Snapdragon-Prozessors, vermutlich den 830 oder 835. Zu den Besonderheiten gehören den Quellen nach die Foto- und Sound-Ausstattung. So sollen auf der Rückseite zwei Kameras mit 12 und 16 Megapixel verbaut sein, die sowohl von einem Xenon- als auch einem LED-Blitz unterstützt werden. Natürlich gibt es vorne die obligatorische Selfie-Kamera, ebenso wie zwei sehr lange Lautsprecher (oben und unten). Letzteres lässt beim Klang zumindest auf Klasse hoffen. Hergestellt und vertrieben werden die Geräte von FIH Mobile, einer Tochter der taiwanischen Foxconn, die unter anderem auch für Apple, Nintendo, Microsoft und Sony produziert.

MWC-MS
Fest steht, dass Microsoft auch in diesem Jahr wieder mit großem Aufgebot nach Barcelona fährt. Das muss nichts heißen, wie wir etwa im vergangenen Jahr gesehen haben, aber man möchte es sich für Microsoft wünschen. In den letzten Jahren suchten Besucher des MWC am Stand von Microsoft vergebens nach dem großen Wurf. Eines der wenigen Highlights war die kleine Continuum-Box, die ein Lumia 950 (XL) mit einem Tischmonitor und Maus/Tastatur verbindet. Kommt dieses Jahr der ersehnte Knaller? Foto: Stefan Mutschler

Nokias Scheidungsgegner Microsoft glänzt auf dem Mobile World Congress seit Jahren mit hipp inszenierter Planlosigkeit – wirklich Richtungsweisendes oder gar Erfolgreiches gab es auf dem mobilen Sektor von den Redmondern schon lange nicht mehr. Schon 2016 gab es unter den wenigen verbliebenen Windows-Mobile-Fans (das Betriebssystem schaffte es in den wichtigsten EU-Märkten nirgends über fünf Prozent Marktanteil – in den USA dümpelt es bei 1,6 Prozent; Quelle: Kantar Worldpanel, Juni 2016) das Gerücht, Microsoft würde neben der aus dem Nokia-Deal stammenden Lumia-Reihe eine eigene, für Windows 10 optimierte Surface-Phone-Reihe auf den Markt bringen.

Nachdem Microsoft seine Lumia-Flagschiffe (Lumia 950/950XL) aus dem eigenen Online-Store genommen hat (stattdessen werden hier jetzt das Acer Liquid Jade Primo und das HP Elite X3 angeboten; geprüft am 06.01.2017), sprudeln die Gerüchte hier erneut – im Internet werden auf einschlägigen Sites sogar schon die vermutlichen Spezifikationen veröffentlicht.

Microsoft selbst hält sich weiterhin sehr bedeckt – zerschlägt höchstens über Social-Madia-Kanäle Erwartungen, ein solches Smartphone könne schon bald erscheinen – rückt diese Möglichkeit eher ans Ende des Jahres 2017/Anfang 2018. Wichtigstes Indiz für eine neue Microsoft Smartphone-Reihe – wie immer sie letztlich heißen mag – war die Ende 2016 gemeinsam mit Qualcomm abgegebene Erklärung, dass Windows 10 auf dem Snapdragon 835 Octa-Core-Prozessor läuft. Echtes Windows 10 (zur Not als Emulation unter Windows 10 mobile) auf dieser Hardwarebasis wäre sicher ein Knaller. Ein entsprechend ausgestattetes Gerät hätte in einer auch ansonsten stimmigen Konstellation vielleicht noch einmal das Zeug, Microsoft als relevanten Player im Smartphone-Markt zurück zu bringen – aber nur wenn das in der ersten Jahreshälfte 2017 passiert. Gegen Ende des Jahres haben die Konkurrenten mit Sicherheit Geräte am Start, gegen die auch ein solches Power-Phone nicht mehr den ersehnten Schub brächte.

Fest steht, dass Microsoft auch in diesem Jahr wieder mit großem Aufgebot nach Barcelona fährt. Das muss nichts heißen, wie wir etwa im vergangenen Jahr gesehen haben, aber man möchte es sich für Microsoft wünschen.

Stefan Mutschler.

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