Das Jahr von Wi-Fi 6 und 5G

Respektvolle Annäherung

20. Mai 2020, 7:00 Uhr | Stefan Mutschler/jos
© Wolfgang Traub

Mit 802.1ax (Wi-Fi 6) und 5G laufen Funktechniken aktuell zur Hochform auf. Mit Orthogonal Frequency Division Multiple Access (OFDMA) zieht nun sogar ein im Mobilfunk schon lange genutzter, sehr effizienter Ressourcenplaner für Up- und Downlinks erstmals ins WLAN ein. Wenngleich einige damit einen Wettbewerb zwischen der neuen Mobilfunk- und WLAN-Generation ausmachen – immerhin gibt es bei 5G erstmals auch eine ausgewiesene Campus-Variante –, sieht das Gros der Experten ein klares „Miteinander“, das zu begeisternden Benutzererfahrungen führen soll. WLAN hat dabei seit 1999 fünf große Entwicklungsstufen durchlaufen und steht heute an der Schwelle zur vielleicht bedeutendsten Erweiterung in seiner Geschichte.

Wi-Fi 1 bis 5 kann man sich als schrittweise Entwicklung vorstellen: Immer wurde der ursprüngliche 802.11-Standard ein Stück verbessert. Wi-Fi 6 hingegen gilt als der erste Standard, der speziell für eine Welt entwickelt wurde, in der alles ständig miteinander verbunden ist, und der davon ausgeht, dass die Upload- und Download-Geschwindigkeiten symmetrisch sein müssen. Ältere Versionen von Wi-Fi gingen von einer gelegentlichen Nutzung bei konkretem Bedarf aus und folgten der Prämisse, dass im WLAN wesentlich mehr Daten herunter- als hochgeladen würden.

Auch wenn die finalen Veröffentlichungen für Wi-Fi 6 erst für den Herbst dieses Jahres geplant sind [1] – die für die Hersteller bedeutendsten Standardisierungsprozesse sind seit September 2019 gelaufen und die Herstellung von Produkten wie Laptops, Smartphones, Tablets und anderer mobiler intelligenter Geräte, vernetzter Büroausstattung wie Access Points, WLAN-Switches etc. sowie Sensoren und anderer Endpunkte des Internet der Dinge ist weltweit gestartet. Viele der klassischen WLAN-Anbieter sind inzwischen von großen IT-/Netzwerkunternehmen aufgekauft – nach Aruba (heute bei HPE), Meraki (heute bei Cisco) und einigen weiteren waren das im vergangenen Jahr zum Beispiel Mist Systems (jetzt bei Juniper Networks) sowie Aerohive (jetzt bei Extreme Networks).

Damit sind auch schon die Top 3 genannt, die zumindest nach dem Gartner Report „Wired and Wireless LAN Access Infrastructure“ vom 24 September 2019 das Anbieterfeld anführen. Cisco und HPE liegen demnach dicht an dicht auf den ersten beiden Plätzen, während Extreme Networks derzeit massiv versucht, sich an HPE heranzuschleichen. Cisco hatte im Rahmen seiner „Wireless First“-Initiative bereits 2018 und Anfang 2019 Multigigabit-Ethernet-Switches, Wi-Fi 6 auf Basis von Vorstandards und eine neue Reihe von Wireless-Controller-Plattformen eingeführt.

Positiv bewertet Gartner bei Cisco die Einführung einer Zugriffsschicht „Fabric in a Box“ und die Erweiterung von Software-Defined Access als grundlegende Strategien, die mit Fähigkeiten zur Selbstoptimierung durch maschinelles Lernen aktuell weiter ausbaut werden. Einen der größten Kritikpunkte sieht Gartner bei Cisco in seinem Lizenzierungsschema. Dieses habe man zwar 2018 durch eine neue Struktur vereinfacht. Gartner beobachtete jedoch auch damit ein sehr gemischtes Feedback bei Kunden, einschließlich einiger Verwirrung über die tatsächlichen Kosten und Funktionen, wie zum Beispiel die obligatorischen Abonnementlizenzen für einige Hardwarekomponenten.

Als aggressivsten Verfolger könnte man derzeit sicher Extreme Networks bezeichnen. Das Unternehmen hat mit der Übernahme von Aerohive eine Rundum-Transformation zur Cloud-Company vollzogen. Als stärksten Trumpf führt Extreme seither seine ExtremeCloud-IQ-Lösung ins Feld, die als einzige Netzwerk-Management-Lösung aus der Cloud ein Ende-zu-Ende-Management vom Netzwerkrand (Edge) bis ins Rechenzentrum biete – bei freier Wahl des Cloudmodells.

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Wi-Fi 6 – ein Meilenstein

Wi-Fi 6 verspricht eine konsistentere und zuverlässigere Netzwerkverbindung als bei 802.11ac Wave 2, und dies bei etwa vierfacher Kapazität und Leistung (bis zu 4,8 GBit/s bei acht räumlichen Streams mit 80 MHz Kanalbreite oder vier räumlichen Streams mit 160 MHz Kanalbreite). Damit finden auch Anwendungen der nächsten Generation wie 4K/8K-HD-Streaming, Augmented- und Virtual-Reality-Video (AR/VR) Unterstützung.

Wi-Fi 6 verheißt außerdem eine geringere Latenzzeit, größere Zuverlässigkeit und eine verbesserte Energieeffizienz. Mit höherer Leistung für mobile Geräte und der Fähigkeit, das Internet der Dinge (IoT) in großem Umfang zu unterstützen, soll Wi-Fi 6 dabei helfen, die Arbeit in der gesamten drahtlosen Landschaft zu erleichtern.
Die Verbesserung um den Faktor vier bei der Kapazität bedeutet, dass bis zu viermal mehr Geräte als bei früheren Standards verbunden werden können. Verantwortlich dafür sind Funktionen wie OFDMA (Orthogonal Frequency Division Multiple Access) und MU-MIMO (Multi-User Multi-ple Input Multiple Output). OFDMA ermöglicht die Wiederverwendung von Kanalressourcen durch die Zuweisung von Unterkanälen an verschiedene Benutzer und das Hinzufügen von Mehrfachzugriff im OFDM-System. Bisher kam diese Technik beim Mobilfunk wie zum Beispiel LTE zum Einsatz.

Bei früheren Versionen von Wi-Fi (bis Wi-Fi 4) waren die Kanäle offen, bis die Datenübertragung beendet war. ZK Research vergleicht dies mit einer Schlange in einem Geschäft mit nur einer geöffneten Kasse. Bei Wi-Fi 5 hat man die Mehrbenutzer-Mehrfacheingabe mit Input- und Output-Mehrfachnutzung (MU-MIMO) eingeführt, um mehr Benutzer gleichzeitig bedienen zu können. Das brachte zwar eine Verbesserung, jedoch nicht im erhofften Umfang. In der Analogie mit dem Laden bedeutet die Verwendung von MU-MIMO (in Wi-Fi 5 noch mit OFDM), dass es vier Kassierer und vier Leitungen geben kann, aber die Kunden müssen immer noch warten, bis die vor ihnen liegende Transaktion abgeschlossen ist, um selbst an die Reihe zu kommen. Bei MU-MIMO mit OFDMA hingegen ist jeder Kanal in bis zu Hunderte von kleineren Unterkanälen mit unterschiedlicher Frequenz aufgeteilt. Im Bild der Kassenschlange heißt dies, dass ein Kassierer nun in der Lage ist, mehrere Kunden auf folgende Weise zu bedienen: Kunde 1 beginnt, einen Scheck auszustellen, was die Schlange aufhält. Mit OFDMA kann der Kassierer die Bestellung von Kunde 2 bearbeiten, während Kunde 1 noch den Scheck ausschreibt. Wenn Kunde 2 feststellt, dass er einen Artikel vergessen hat und die Schlange verlassen muss, kann der Kassierer mit Kunde 3 beginnen, und so weiter.  Die genaue Anzahl der Kunden, die das System gleichzeitig bearbeiten kann, hängt dabei von der Kanalbreite <forced-line-break>und der Anzahl der Ressourcen-Einheiten (RUs) ab. lso der Anzahl der angelegten Unterkanäle. Ein WiFi-6-Access-Point (AP) kann bis zu 996 Unterkanäle bedienen.


  1. Respektvolle Annäherung
  2. 5G als Wettbewerber

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