Cisco Live erstmals ausschließlich online

Digitalisierungs-Event wird digital

18. Juni 2020, 12:30 Uhr |
© Cisco

Einst, im Präcoronarium, als die Menschen noch in Flugzeuggeschwadern und Blechlawinen zu Veranstaltungen pilgerten, war Cisco stolz, bei seiner Hausmesse „Live“ in San Diego 25.000 Besucher zu versammeln. Dieses Jahr aber fand das Event dank Corona-konformer Konferenzkoordination ausschließlich online statt – und die Teilnehmerzahl verfünffachte sich: auf 124.000. Das entspricht 282 Hin- und 282 Rückflügen voll besetzter Airbus-350-Maschinen, die am Boden blieben. Dank Internet und Streaming-Technik konnten auch viele Interessierte die Vorträge verfolgen, denen sonst Zeit und/oder Budget dafür gefehlt hätten.

„2020 war ein schwieriges und herausforderndes Jahr“, so Cisco-Chef Chuck Robbins in seiner Keynote mit Blick auf die Corona-Pandemie und die Protestwelle gegen den von der US-Polizei ermordeten Schwarzen George Floyd. Wegen dieser Proteste hatte der Netzwerkausrüster seine Hausmesse kurzfristig um zwei Wochen verschoben. „Wir stehen außerordentlichen Herausforderungen gegenüber“, sagte Robbins, betonte aber zu gleich das große Engagement aller im Kampf gegen die Pandemie.

Bei Cisco selbst habe man 500 Millionen Dollar in Resilienzmaßnahmen gesteckt und rund um die Uhr gearbeitet, um Kunden bei Notfallmaßnahmen zu unterstützen. Als Beispiel nannte er eine kanadische Klinik, die Cisco kurzfristig mit 1.500 Displays für die ärztliche Fernberatung versorgt hat. Beim US-Industriekonzern Honeywell wiederum habe man die Remote-Work-Infrastruktur in wenigen Tagen von 35.000 auf 100.000 aufgebohrt. Positiver Nebeneffekt: Den Unternehmen sei nun endgültig die Bedeutung verlässlicher IT bekannt: „Die IT ist vom Keller in die Vorstandsetage umgezogen“, so Robbins über jenen schon seit Jahren vorhandenen Trend, den die Pandemie nun „durch die Decke gehen“ ließ.

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Cisco Robbins
Will per IT „eine inklusive Zukunft für alle“ ermöglichen: Cisco-Chef Chuck Robbins.
© Cisco

Eine Krise, so Robbins im Einklang mit dem Branchentenor, gebe auch immer Anlass zur Innovation. Laut dem Cisco-Chef wollen nun 75 Prozent der US-Unternehmen ihre digitale Transformation forcieren. Für seinen Konzern sieht er dabei vier Kernaufgaben: Applikationen neu konzipieren, Daten schützen, die Infrastruktur transformieren und Teams handlungsfähig machen. Das Spektrum reiche von Lösungen für das Gesundheitswesen über die sichere Anbindung von Remote-Offices und mobiler Belegschaft bis hin zum Monitoring von Social-Distancing-Maßnahmen bei der Rückkehr in die Büros. Ziel sei letztlich „eine inklusive Zukunft für alle“.

Global denken, remote handeln

Als „das erstaunlichste Work-from-Home-Experiment, das die Welt je gesehen hat“, bezeichnete Ciscos Collaboration-Chef Javed Khan die Flut der Lockdown-Maßnahmen rund um den Globus. So habe sich im Mai die Zahl der Webex-Meeting-Minuten auf über 25 Milliarden mehr als verdreifacht. Khan betonte, Webex sei „von Haus aus sicher“, künftig solle das Conferencing-Tool aber noch sicherer werden, und zwar durch ein „Extended Security Pack“, das DLP- und CASB-Funktionalität (Data Leakage Prevention, Cloud Access Security Broker) einbringe.

 

Cisco Khan
Sieht den globalen Lockdown als „das erstaunlichste Work-from-Home-Experiment, das die Welt je gesehen hat“: Ciscos Collaboration-Chef Javed Khan.
© Cisco

Neu ist auch ein sprachgesteuerter KI-gestützter Assistent namens „Webex Assistant“, der die Vor- und Nachbereitung von Meetings erleichtern soll. Ein Nutzer könne beispielsweise Ausschnitte aus automatisch erstellten Meeting-Mitschriften per Sprachbefehl markieren und als Zusammenfassung verschicken. Damit liefere Webex künftig Videoconferencing, Messaging und Filesharing in einer einzigen App, Letzteres per Integration in den Filesharing-Service Box.

Die Verwaltungslösung Control Hub verschaffe dem Administrator die Übersicht über Geräte, Nutzer und Meetings und erlaube von zentraler Stelle aus die einfache Webex-Bereitstellung auf Zehntausenden Endgeräten. Zugleich gebe Control Hub detaillierten Einblick in die Nutzung von Besprechungsräumen. So könne man die Auslastung der Räume nach der Rückkehr in die Büros besser steuern. Das Tool ermögliche Drill-downs in Echtzeit-Sitzungsdaten zur besseren Fehlerbehebung ebenso wie die Analyse von Nutzungstrends. Zudem integriert sich Webex laut Khan nahtlos in zahlreiche Lösungen von Drittanbietern, etwa in ServiceNow.

Das Anfang des Jahres vorgestellte Endgerät Webex Desk Pro biete ein sofort nutzbares Büro mit KI-basierter Sprachassistenzfunktion, selbstjustierender Kamera, Unterdrückung von Hintergrundgeräuschen und Integration in Digital-Signage-Lösungen. Bei der UCC-Lösung Contact Center wiederum arbeite man mit Nachdruck an KI-Integration.

Angriffe schneller abwehren

Gee Rittenhouse, Leiter von Ciscos Security Business Group, verkündete die neue Lösung SecureX, laut Rittenhouse „die branchenweit umfassendste Cloud-Native Plattform“ (gemeint ist: Security-Plattform). Sie soll Ende dieses Monats verfügbar sein. SecureX korreliert nach Cisco-Angaben „qualifizierte Informationen aus mehreren Quellen sowie Telemetrie von Netzwerken, Endpunkten, E-Mail, Cloud-Lösungen und Produkten von Drittanbietern“. Sie deckt also auch Security-Lösungen von externer Seite ab, zielt sie doch auf Ende-zu-Ende-Sicherheit im Unternehmensnetz.

 

Cisco Rittenhouse
SecureX stellt einen Angriffskontext grafisch dar, wie Gee Rittenhouse erläuterte.
© Cisco

Die Software soll es zum Beispiel erlauben, verdächtige Endpunkte über alle eingesetzten Security-Lösungen hinweg zu entdecken und zu isolieren. Ist eine Bedrohung erkannt, so Rittenhouse, erzeuge die Software automatisch einen Workflow für deren Beseitigung und stelle die Zusammenhänge grafisch dar. In diese Grafik könne der Security-Analyst hineinzoomen, per Rechtsklick den Endpunkt blockieren und per weiterem Klick alle anderen betroffenen Geräte im Unternehmensnetz nach gleichem Muster behandeln lassen. Dies ebne den Weg für die Abwehr einer Bedrohung innerhalb weniger Minuten.

Intelligentere Netze für mehr Sicherheit

Auch im Netzwerkbereich – also Ciscos „Intent-based Networking“ – gibt es einige Neuerungen. Mittels sogenannter „User-Defined Networks“ kann die IT den Endanwendern laut Cisco-Angaben per DNA Center die Kontrolle über jeweils eigene WLAN-Partitionen geben. Der Nutzer könne hier eigene Endgeräte einbinden und über die zugehörige App selbsttätig steuern, welche Geräte auf seine Netzwerkpartition zugreifen dürfen – ein weiterer wichtiger Schritt also in Richtung mehr Self-Service für Endanwender.

Zugleich macht Cisco einen Schritt in Richtung der von Gartner propagierten SASE-Architektur (Secure Access Service Edge) und integriert das hauseigene „SD-WAN powered by Viptela“ in seine Cloud-Security-Lösung Umbrella. Dank automatisierter Bereitstellung und einfacherer Lizenzierung lasse sich das SD-WAN zusammen mit Umbrella schneller und einfacher implementieren. Die Lösung unterstütze nun zudem Multicast und integrierte Unified Communications.

Mit AI Endpoint Analytics soll DNA Center unbekannte Endpunkte in großem Maßstab identifizieren, um sie dann mittels KI kontextbezogen zu gruppieren. Dies schaffe die Grundlage für eine skalierbare, automatisierte Richtlinienverwaltung. DNA Center könne dazu den Verkehrsfluss zwischen Endpunktgruppen analysieren, um automatisch Richtlinien für die jeweils passende Segmentierung zu definieren.

Mit „DNA Spaces for Return to Business“ hat Cisco seine Plattform um Tools für die Analyse von Echtzeit- und historischen Telemetriedaten erweitert, um Unternehmen zu helfen, Social-Distancing-Richtlinien durchzusetzen. Mittels Echtzeitanalyse könne man die Gerätedichte in Gebäuden überwachen und analysieren, wie die Räumlichkeiten genutzt werden. Des Weiteren soll DNA Spaces als branchenweit erstes „Indoor IoT as a Service“-Angebot für WiFi-6-Zugangspunkte IT-Organisationen bei der hoch skalierenden IoT-Bereitstellung im Innenbereich unterstützen.

Das neue Normal in Deutschland

Auch hierzulande ist das Arbeiten von zu Hause aus „für viele Realität geworden“, resümierte Ciscos Deutschlandchef Uwe Peter bei einer Webex-Pressekonferenz im Vorfeld der Cisco Live. Ein Dauerzustand könne dies aber nicht sein: „Für viele Unternehmen wird es eine Hybridform zwischen Büro und Heimarbeitsplatz geben, auch bei Cisco“, sagte Peter.

Cisco Peter
Sieht eine Zukunft mit Büro und Home-Office parallel: Ciscos Deutschland-Chef Uwe Peter.
© Cisco

Nachdem viele deutsche Unternehmen via Cloud schnell – aber eben auch zu entsprechenden Kosten – hoch skalieren konnten, überlege man jetzt genau: Wo will ich in die Cloud, wo bringt es Vorteile? Peter ist sich jedenfalls sicher: „Bürokommunikation wird schneller digitalisiert werden denn je“ – selbst bei der Öffentlichen Hand. Dazu gelte es aber, noch weitere Prozesse zu digitalisieren, etwa Unterschriftsverfahren. Denn videogestützte Arbeit im Home-Office bringe wenig, wenn die Geschäftsdokumente dann doch per Post zugestellt werden müssten.

Fazit: Streamen oder stupsen?

Cisco war stets unter den ersten, die betonten, wie viel Zeit, Aufwand und Kosten moderne Videokonferenztechnik spart. Dennoch wollen Ciscos Vertriebler ihren Kunden natürlich am liebsten persönlich die Hände schütteln (oder sie zumindest pandemiegerecht mit dem Ellbogen anstupsen). So verwundert es nicht, dass selbst bei dem IT-Schwergewicht erst eine Pandemie nötig war, bevor man von der klassischen Präsenzveranstaltung auf ein rein digitales Event umschwenkte – das übrigens erwartungsgemäß sehr aufwendig und professionell gestaltet war. In ein paar Monaten wird der Konzern dann wissen, was sich mehr rentiert: Ellbogenstupsen mit 25.000 Besuchern oder rein digitale Kommunikation mit 124.000.

Man darf gespannt sein, wie das Ergebnis ausfällt. Denn davon dürfte abhängen, ob Cisco-Kunden künftig erst ins Flugzeug steigen müssen, um den Netzwerk- und Videokonferenzausrüster ihres Vertrauens „live“ zu erleben. Vollen Herzens auf Streaming umstellen wollte man bei Cisco jedenfalls (noch) nicht: In Robbins’ Keynote standen zwar die Pandemie und die US-Rassismusprobleme im Rampenlicht, nicht jedoch die Überhitzung unseres globalen Habitats. Vielleicht nächstes Jahr dann. Schließlich gilt: Nach der Corona-Krise ist mitten in der Klimakrise.


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