Bell Labs Open Day, Stuttgart

Grüne IT für TK-Netzbetreiber

22. November 2010, 7:00 Uhr | Stefan Mutschler

Der Bell Labs Open Day von Alcatel-Lucent Anfang Oktober in Stuttgart stand ganz im Zeichen von Innovationen für energieeffiziente und umweltfreundliche Netze. Unter dem Motto "Going Green and Smart" erläuterten Experten die Forschungsansätze des Unternehmens für "grüne" TK- und "smarte" Energienetze. Das größte Potenzial für Effizienzsteigerungen sehen die Forscher im Mobilfunk.

Ansatzpunkte für eine nachhaltige "Begrünung" der TK- und Energienetze sind neben dem
Stromverbrauch der Systeme vor allem neue Netzarchitekturen, in denen die Geräte effizienter
zusammenarbeiten. Ihre Forschungsarbeiten dazu stellten die Bell-Labs-Forscher in Stuttgart
Besuchern aus der TK- und Energiebrache vor. Im begleitenden Vortragsprogramm diskutieren
Unternehmenslenker und Wissenschaftler den Beitrag der Informations- und Kommunikationstechnik zur
Umweltschutzproblematik.

Ein Highlight der Veranstaltung war der Vortrag von Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker. Der
vielfach engagierte Naturwissenschaftler und Politiker präsentierte einige der Kernbotschaften der
im März dieses Jahres erschienenen Neuauflage seines vor 15 Jahren veröffentlichten Bestsellers "
Faktor Vier" – jetzt unter dem Titel "Faktor Fünf". In Zusammenarbeit mit weltweit anerkannten
Wissenschaftlern hat er darin beispielsweise eine Formel zur Nachhaltigkeit für die menschliche
Zivilisation entwickelt. Die Kernfaktoren dieser Formel sind die Größe des ökologischen "Footprints"
pro Individuum (in Hektar) und die Höhe des "Human Development Index", kurz HDI (von 0 bis 1,
wobei 0 einem Rattenloch entspricht, 1 dem Wohlstand eines Königs). Damit die Formel aufgeht,
sollte der Footprint bei einer Größe von zwei Hektar liegen, der HDI bei 0,8. Deutsche beanspruchen
den Berechnungen zufolge heute durchschnittlich etwa vier Hektar, Amerikaner zehn und Inder einen
Hektar.

Entwicklungsländer, so von Weizsäcker, arbeiten heute mit Macht an der Verbesserung ihres
Lebensstandards – leider unter der Prämisse: Erst reich und schmutzig (bezogen auf die
CO2-Emission) – der Umweltschutz kommt dann später. Für die Durchtunnelung dieses fatalen
Entwicklungsbogens schlägt von Weizsäcker vor, weltweit pro Kopf gleiche Emissionsrechte
festzulegen. Dann müssten die Industrieländer im Süden Emissionsrechte einkaufen, und für Indien
wäre es schlagartig profitabel, Effizienztechnik und erneuerbare Energien einzusetzen.

Energieoptimierung in TK-Netzen ist ein Hauptthema bei den Bell Labs von Alcatel-Lucent. Für den
Mobilfunk entwickeln die Forscher in Deutschland beispielsweise ein Hardwarekonzept für
Basisstationen, das vorsieht, die Sende- und Empfangseinheit der Basisstation in die Antenne zu
integrieren. Solche integrierten Baugruppen (Active Antenna Elements, AAEs) machen die Sende- und
Empfangseinheit beziehungsweise abgesetzte Antennen (Remote Radio Heads, RRHs) in bestimmten
Netzinstallationen überflüssig.

Effizientere TK-Netze

Dies verringere den Energie-, Platz- und Installationsbedarf. Andere Ansätze zielen darauf ab,
den Energieverbrauch von Basisstationen stärker von der tatsächlichen Last abhängig zu machen und
durch intelligentes Last-Management zu erreichen, dass man einzelne Zellen bei niedriger Last
komplett abschalten kann. Zudem arbeiten die Mobilfunkspezialisten an neuen Hardwarearchitekturen
und verbesserten Komponenten, was die Energieeffizienz der einzelnen Mobilfunkzellen erhöht.

Forscher der Bell-Laboratorien hatten Anfang dieses Jahres eine Studie vorgestellt, wonach in
Mobilknetzen theoretisch Energieeinsparungen um den Größenfaktor 10.000 möglich sind. Davon sind
solche Ansätze allerdings noch milchstraßenweit entfernt. Aktuell geht es im Rahmen des
Earth-Projekts (Energy Aware Radio and Network Technologies) zunächst um eine Halbierung des
Energieverbrauchs in Funknetzen der vierten Generation (LTE – dessen kommerzieller Start in
Deutschland noch für diesen Herbst geplant ist). Das im Januar dieses Jahres gestartete, von der EU
mit 9,5 Millionen Euro geförderte Zwei-Jahres-Projekt koordiniert Alcatel-Lucent, technisch leitet
es Ericsson. Schon deutlich härter zur Sache gehen soll es bei der Green-Touch-Initiative, zu der
sich Hersteller, Betreiber und Forschungseinrichtungen global zusammengeschlossen haben. Innerhalb
der nächsten zehn Jahre wollen die Mitglieder die Effizienz in Kommunikationsnetzen um den Faktor
1.000 steigern.

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