Cisco Global Networking Trends Report

Nachholbedarf im Netzwerk

6. Januar 2021, 8:00 Uhr |
© Wolfgang Traub

Ohne Netzwerk läuft nichts. Das ist keine neue Erkenntnis, doch die Corona-Krise verdeutlichte ihre Tragweite – mitunter, etwa an manch einer deutschen Schule, auf schmerzliche Weise. Ciscos „Global Networking Trends Report“ für das Jahr 2021 bündelt Informationen dazu, was die geänderte Kommunikationslage für das Netzwerk bedeutet. LANline sprach darüber mit Falko Binder, Head of Enterprise Networking Architecture Sales Germany bei dem Netzwerkausrüster.

Leergekaufte Regale, wo sich kurz zuvor noch Notebooks und WLAN-Router getürmt hatten, zeigten im Frühjahr 2020: Die Lockdowns der ersten COVID-19-Welle haben viele Unternehmen kalt erwischt. Die Umfrage „2020 Global Risk Landscape“ des World Economic Forums, durchgeführt noch vor der Corona-Krise, ergab, dass die Befragten im „Präcoronarium“ eine Epidemie noch nicht zu den Top Ten der globalen Bedrohungen zählten. Dort dominieren – nicht ohne Grund – so gewaltige Risiken wie Extremwetterereignisse, mangelnde Reaktion auf die Klimaüberhitzung, abnehmende Bioversität oder auch Wasserkrisen, zudem Cyberangriffe. Ansteckende Krankheiten folgen dann erst unter „ferner liefen“ – zwar von großer Tragweite, aber in puncto Wahrscheinlichkeit „nur“ auf einer Ebene mit Terroranschlägen. Eine Folge dieser Wahrnehmung: Laut einer Cisco-Umfrage waren zwar 70 Prozent der Organisationen in den letzten fünf Jahren von mindestens einer ernsten Krise betroffen, jedoch nur neun Prozent auf eine Pandemie vorbereitet. Im Fokus standen hier eher der Ausfall kritischer Infrastruktur, IT/TK-Ausfälle sowie Cyberangriffe und Datenlecks.

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Laut einer Cisco-Umfrage waren zwar 70 Prozent der Organisationen in den letzten fünf Jahren von mindestens einer ernsten Krise betroffen, jedoch nur neun Prozent auf eine Pandemie vorbereitet.
Laut einer Cisco-Umfrage waren zwar 70 Prozent der Organisationen in den letzten fünf Jahren von mindestens einer ernsten Krise betroffen, jedoch nur neun Prozent auf eine Pandemie vorbereitet.
© Cisco

Die Pandemie rückte Resilienz – die Aufrechterhaltung von (zumindest grundlegenden) Geschäftsprozessen selbst unter Krisenbedingungen – schlagartig ins Rampenlicht. Hier liegt die Messlatte also deutlich höher als bei dem, was man in vielen IT-Organisationen unter „Business Continuity“ versteht: Ausfallsicherheit mittels redundanter Systeme, Backup/Recovery, Notstromversorgung und Ausweichrechenzentren. „Diese Situation erinnert uns daran, dass wir planvoll und agil sein und uns ständig neu erfinden müssen, um mit heutigen und künftigen Anforderungen Schritt zu halten und auch das Unerwartete und Unbekannte zu antizipieren“, sagte Ciscos CISO Brad Arkin über die verschärften Anforderungen durch die Pandemie.

Die größten Herausforderungen für die IT-Organisationen waren laut Cisco-Fachmann Falko Binder die Skalierung der VPN-Kapazitäten, gefolgt von der Breitbandanbindung der Remote-Mitarbeiter, deren Sicherheit sowie die Skalierung der Zusammenarbeit per Videokonferenz. Die Angaben beruhen auf einer internationalen TechValidate-Umfrage im Auftrag von Cisco unter rund 300 IT-Mitarbeitern. Konkrete Zahlen zu Deutschland konnte Binder nicht nennen; er berichtete aber, man habe auch bei deutschen Unternehmen „große Aufgeregtheit“ gesehen, bei der Vorbereitung auf die Pandemie habe es „Verbesserungsbedarf“ gegeben. Die Lage bei der Umstellung auf Remote Work hat sich laut dem Cisco-Mann aber „recht gut wieder stabilisiert“.

 

Die Lage bei der Umstellung auf Remote Work hat sich „recht gut wieder stabilisiert“, so Cisco-Mann Falko Binder.
Die Lage bei der Umstellung auf Remote Work hat sich „recht gut wieder stabilisiert“, so Cisco-Mann Falko Binder.
© Cisco

Die temporären Versorgungsengpässe bei IT-Equipment hatten, so Falko Binder, auch damit zu tun, dass wegen der Pandemie über mehrere Wochen Zulieferer wegbrachen: Viele Hersteller sind in Asien ansässig, die Lagerbestände des IT-Handels waren bald erschöpft und nicht so schnell wieder aufzufüllen. Nötig wäre laut Binder eine weniger stark auf China ausgerichtete Lieferkette. Cisco selbst produziere auch in anderen asiatischen Ländern, zudem je nach Produktlinie auch in den USA und Europa.

Ein Problem stellt laut dem Cisco-Mann die Frage der Lagerhaltung dar: Für Krisenzeiten wäre eine umfangreiche Bevorratung im Handel wünschenswert, aber angesichts der kurzen Innovationszyklen in der IT-Industrie sei das nicht immer praktikabel. Es gebe hier also einen Konflikt zwischen Resilienz und kosteneffizienter, innovativer Produktion.

Laut Falko Binder arbeiteten aufgrund der Pandemie international rund 4,7-mal so viele Menschen von zu Hause aus wie zuvor. Vor diesem Hintergrund sind die fünf Hauptfaktoren, um Unternehmen künftig besser vor einer Unterbrechung des Geschäftsbetriebs zu schützen, nach Cisco-Einschätzung das Ausdehnen der IT-Sicherheit auf die Remote-Mitarbeiter, die Unterstützung einer sicheren Rückkehr in die Büros, der Einsatz der Multi-Cloud für höhere Resilienz der IT, der automatisierte IT-Betrieb zur Verkürzung der Wiederherstellungszeiten sowie die Nutzung KI-gestützter Netzwerkanalysen für bessere Einblicke. In puncto Remote Workforce sind laut der TechValidate-Umfrage die größten Herausforderungen die Security, das Endanwenderverhalten und die Applikationsleistung. Über die Hälfte (55 Prozent) der Befragten wollen deshalb künftig dem sicheren Fernzugriff höhere Priorität einräumen.

Das größte Hindernis ist dabei laut Falko Binder die Nutzung privater Geräte. Denn diese Geräte seien nicht von der IT verwaltet, damit potenziell nicht ausreichend gepatcht und somit ein Verstoß gegen unternehmenseigene Security-Richtlinien. Dennoch war der Einsatz von Privatgeräten vor allem in den ersten Lockdown-Monaten „ausgeprägt“, so Binder.

 

Cisco sieht das intelligente Netzwerk in einer Schlüsselrolle für das Erzielen von Business-Resilienz.
Cisco sieht das intelligente Netzwerk in einer Schlüsselrolle für das Erzielen von Business-Resilienz.
© Cisco

Für bessere Remote-Work-Sicherheit rät Cisco zu dreierlei: erstens zur Skalierung der VPN-Zugänge für die „Work from Home“-Mitarbeiterschaft, zweitens zu MFA (Mehr-Faktor-Authentifizerung) für den geschützten Applikationszugriff sowie drittens zu SASE-Technik (Secure Access Service Edge) für den sicheren Zugriff auf Multi-Cloud-Ressourcen. Ob ein herkömmliches VPN oder ein SASE-Cloud-Service besser geeignet ist, hängt laut Falko Binder davon ab, wo die aufgerufene Applikation läuft und von wo der Nutzer in welcher Rolle zugreift: Cloud-basierte Security im Sinne von SASE sei für „Work from Home“-Szenarien – oder, nach der Pandemie, für mobile Anwender – sinnvoll, bei denen das Unternehmen keine lokalen Netzwerkgeräte implementieren will oder kann – das heiße aber nicht, dass Cisco pauschal von VPNs abraten würde.

Laut einer Cisco-Umfrage halten 50 Prozent der Netzwerk-Fachleute eine Netzwerkautomation für eine Top-Priorität in Hinblick auf mehr Business-Resilienz. Über ein Drittel der Befragten (35 Prozent) planen deshalb die Umstellung auf ein Intent-based Network bis 2022 – 2019 lag dieser Wert noch bei vier Prozent. Die Unternehmen hierzulande sollten sich laut Cisco-Mann Binder vorrangig mit zwei drängenden Themen beschäftigen: erstens mit Secure Remote Work vor dem Hintergrund der Multi-Cloud, zweitens mit Netzwerk-Automation unter Nutzung von künstlicher Intelligenz.


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