Clevere Netzwerkplanung statt zusätzlicher Infrastruktur senkt Kosten

Woran Digitalisierungsprojekte auf Shopfloor-Ebene scheitern

27. Juli 2022, 12:00 Uhr | Nora Crocoll und Alex Homburg/jos
© Indu-Sol

Digitalisierung ist seit Jahren in aller Munde. Auf Shopfloor-Ebene bringt sie gerade beim Condition Monitoring und der Optimierung von Prozessen zahlreiche Vorteile. Warum aber geschieht in der praktischen Umsetzung so wenig? Als Grund dafür werden in der Regel die hohen Kosten angeführt. Das ist jedoch meist nur die halbe Wahrheit. Eine differenzierte Betrachtung der Ausgaben, die heute bei Digitalisierungsprojekten anfallen, zeigt, dass durch schlechte Netzwerknutzung hohe Ausgaben entstehen, die jedoch völlig unnötig sind.

Die Schlagzeilen in der Fachpresse zu Digitalisierung schwanken zwischen: „Einfach digitalisieren“ und „Digitalisierung ist komplex“. Die einen sagen, in der SPS seien ohnehin alle relevanten Daten vorhanden, die anderen meinen, es brauche eine eigene Industrial Information Technology (IIT) Netzwerkverbindung bis hin zum letzten Sensor der Anlage, um alle vorhandenen Informationen in maximaler Genauigkeit auslesen zu können. Die Schmöllner Netzwerkexperten von Indu-Sol gehen einen anderen Weg, bei dem mit Hilfe vorhandener Kommunikationsstrukturen alle Daten zugänglich gemacht werden können. Sie sagen, des „Pudels Kern“ liegt im Netzwerk. Nutzt man vorhandene Feldbusnetzwerke auf OT-Ebene richtig mit, können alle Daten aus einer Anlage gesammelt und zur Verfügung gestellt werden, ohne auf Shopfloor-Ebene zusätzlich teure IIT-Netzwerke zu installieren.

Kosten im Detail betrachtet

Betrachten man die Kosten für ein Digitalisierungsprojekt im Detail, dann gilt: Zuerst einmal benötigt man geeignete Sensoren und die passende Software zum Auswerten der Daten. Die Kosten für einen Universal-Sensor, der Größen wie Schwingung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Helligkeit und Schall in einem messen kann, liegen bei etwa 400 Euro. Zehn solcher Sensoren kosten damit 4.000 Euro, ihre Installation schlägt zusätzlich mit schätzungsweise 2.000 Euro zu Buche. Dazu kommt dann noch die nötige Software, die jedoch nicht auf einem PC im direkten Umfeld der Sensoren installiert ist, sondern auf Rechnern in der IIT-Ebene.

Bei einer Anlage dieser Größe kann man für die Anschaffung der Software etwa 5.000 Euro veranschlagen und weitere 5.000 Euro fürs Anpassen. Insgesamt kommen so circa 16.000 Euro für die Digitalisierung der Beispiel-Maschine zusammen, wenn man nur die Sensoren und die Software betrachtet. Kommt jedoch die Notwendigkeit einer zusätzlich zu verlegenden Netzwerkinfrastruktur hinzu, erhöhen sich die Kosten schnell um den Faktor drei (Bild 1).

René Heidl (Bild 2), Geschäftsführer Technik und Entwicklung bei Indu-Sol, berichtet aus langjähriger Praxiserfahrung, wenn er erläutert, warum immer wieder unnötige Zusatzleitungen verlegt werden und wie sich das vermeiden lässt: „In der SPS liegen vielleicht nur 20 Prozent der Prozessinformationen vor, weil viele der Daten, die zum Beispiel ein Sensor ermittelt, für die Prozesssteuerung nicht relevant sind oder nur grob gerundet von der SPS verarbeitet werden. Will man Prozesse aus ökologischen oder ökonomischen Interessen effizienter gestalten, braucht man aber mehr Daten als in der SPS vorhanden sind - oder etwa Daten von Umweltsensoren - die die SPS überhaupt nicht interessieren. Um die relevanten Daten aus den Sensoren, Aktoren etc. auszulesen, müsste man im Grunde nur das OT-Netzwerk mit dem IIT-Netzwerk verbinden. Dann könnte man den Scada-Systemen alle relevanten Infos zugänglich machen.“ (Bild 3)

Also doch ganz einfach? Mit der Verbindung von OT- und IIT/IT-Netzwerken haben die Anlagenbetreiber in der Vergangenheit allerdings teilweise schlechte Erfahrungen gemacht. Über die Vernetzung kamen sporadische Störungen in die Anlagen-Kommunikation, deren Ursache schwer ausfindig zu machen war. Daher wurde in den letzten Jahren in der Regel der Weg der Trennung gewählt und parallel zum OT-Netzwerk Leitungen aus dem IIT-Netzwerk in die Anlage verlegt, um beispielsweise für das Energiemanagment Sensordaten direkt auszulesen und im Scada-System (Supervisory Control and Data Acquisition) anzuzeigen.

Die Installation dieses zusätzlichen Netzwerks und seine Wartung verursachen aber immense Kosten. Kostentreiber bei Digitalisierungsprojekten ist also nicht die Sensorik oder die Software, sondern überraschenderweise das Netzwerk.

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  1. Woran Digitalisierungsprojekte auf Shopfloor-Ebene scheitern
  2. Braucht es ein paralleles IIT-Netzwerk?
  3. Netzwerk von der Applikation trennen

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