MPO-Installationen in der Praxis

Plug and Play mit wenig Raum

13. August 2010, 6:00 Uhr | Stefan Schoene, freier Journalist in München

Glasfaserinstallationen mit MPO-Steckern sind derzeit aktuell. Installationen findet man allerdings in Deutschland noch wenige. Vorreiter ist dagegen - wieder einmal - die Schweiz.

MPO- beziehungsweise MTP-Stecker (Letzteres ein eingetragenes Warenzeichen von US Conec) sind
standardisierte Mehrfaserstecker, die auf bis zu 72 Monomode- oder Multimode-Fasern in einem
kleinen Stecker fassen. Kombiniert mit schlanken Kabeln ermöglichen MTP/MPO-Multifiber-Systeme in
Rechenzentren, SAN-Verkabelungen und LAN-Backbones normgerechte
Plug-and-Play-Glasfaserinstallationen mit hoher Packungsdichte. Geringe Kabelvolumen wirken sich
zudem positiv auf das Gewicht der Verkabelung und auf die Brandlasten aus und beugen einer "
Verstopfung" der Belüftungswege in Schränken und Doppelböden vor.

MPO-Stecker sind nicht nur für 10 Gigabit Ethernet (GbE) genormt, sondern auch für zukünftige
Standards mit 40 und 100 GBit/s in der Diskussion. Die Umsetzung von 40- und 100GbE wird vermutlich
als Paralleloptik erfolgen. Dabei sind exakt gleich lange Lichtwege wichtig, um Laufzeitfehler
einzugrenzen. Kein Wunder, dass in den Augen vieler Experten vorkonfektionierte
Verkabelungslösungen mit Multifasersteckern die Nase vorn haben.

Dass sich MTP/MPO-Multifiber-Systeme trotz all ihrer Vorteile auf dem Markt nur langsam
durchsetzen, mag am Preis der Produkte liegen, der – Zukunftssicherheit hin oder her – zunächst
abschreckend wirkt.

Echtes Plug and-Play, kurze Installationszeiten und schlankere, leichtere Installationen machen
die Mehrkosten sogar nach Einschätzung der Verfechter dieser Technik erst auf den zweiten Blick
wieder wett.

Systemanbieter vermuten ein ganz anderes Investitionshemmnis: "Für eine hohe
Übertragungsqualität ist die Steckerkonfektionierung entscheidend. Denn die gibt den Ausschlag für
gute Dämpfungswerte. Mit den Fernostprodukten, die bei uns teilweise angeboten werden, ist die
gewünschte Performance einfach nicht erreichbar", weiß André Engel, Geschäftsführer von TDE Trans
Data Elektronik aus eigenen Messungen.

In die gleiche Kerbe schlägt Jörg Frei, Geschäftsführer der Connect Com mit Sitz in Hünenberg
(Schweiz) und Ostfildern: "Die lokale Herstellung durch ein spezialisiertes Unternehmen, das eine
hohe Fertigungsqualität garantiert, ist für die Kunden ein entscheidender Faktor." Auch er weiß,
wovon er spricht: Das MTP-Multifiber-System seiner Firma – aus "heimischer Fertigung" – ist bereits
seit 2009 in mehreren Schweizer Rechenzentren im Einsatz.

Einige davon befinden sich im Großraum Basel. Die Stadt ist nicht nur Sitz zahlreicher
Healthcare-Unternehmen wie Bayer Consumer Care, Novartis und F. Hoffmann-La Roche. Viele
Pharmariesen betreiben im Baseler Raum auch Rechenzentren. In zweien davon finden sich
Verkabelungen mit MPO-Steckern.

Das erste dieser RZs ist ein Behelfsstandort, der im Frühjahr 2009 innerhalb von 15 Tagen in
einem bestehenden Gebäude entstand. Die erste Ausbaustufe umfasst zwei Speichernetzwerke (SANs):
mehr als 30 dicht gepackte Schränke mit Servern und Storage Arrays, zahlreiche Cooling-Racks, vier
Cabinets mit Director-Switches und Patch-Schränke. Dazu kommen weitere Racks des Service
Providers.

Das Unternehmen wollte eine normgerechte, einfache Verkabelung, die eine schnelle Verlegung und
sichere Anschlüsse bietet und Übertragungen mit 10 GBit/s und mehr bewältigt. Aufgrund des
Platzmangels vor Ort war zudem eine hohe Packungsdichte gefragt. Das MTP-Multifiber-System kam bei
dieser Installation auch deshalb zum Zuge, da die Firma trotz einer Vorlaufzeit von nur zwei Wochen
die fristgerechte Produktentwicklung, -konfektion und -beschriftung garantieren konnte.

Insgesamt wurden rund 80 Glasfaser-Trunks eingebracht. Die Verkabelung ist – von den
Switches aus betrachtet – sternförmig und redundant aufgebaut. Die meisten aktiven Komponenten sind
über 24-, einige auch mit 48-Faser-Trunks angebunden und die Redundanzen farblich voneinander
abgesetzt. Da es keinen Doppelboden gibt, sind alle Rack-Anbindungen von oben über Gitterrinnen
realisiert. Die Trunks reichen jedoch nicht in die dicht gepackten Schränke hinein, sondern sind in
kleinen Cabling-Racks abgeschlossen. Diese sind an den Gitterrinnen montiert und mit eigens
entwickelten Baugruppenträgern bestückt. MTP-auf-LC-Module sorgen dabei für die Aufteilung der
Trunks auf LWL-Patch-Kabel.

Ausgelagerte Switch-Ports

Aufgrund der hohen Port-Dichte der Directors war es nötig, die Switch-Ports aus den engen
Cabinets auszulagern, damit sie leichter zugänglich sind. Dazu dienen zentrale Patch-Schränke.
Gepatcht wird schrankintern mit je einem 144er-Trunk, auf der einen Seite mit MTP, auf der anderen
mit LCD konfektioniert. Jeder Director ist über fünf hochfasrige Trunks mit seinem Patch-Schrank
verbunden. "Alle Änderungen finden in den Patch-Racks statt, wo man sie schnell und sicher umsetzen
kann", erklärt Jörg Frei. Dank MTP sind 720 Links auf nur 60 Steckern abgeschlossen. Die Stecker
wurden mit Elite-Ferrulen konfektioniert, die eine besonders geringe Dämpfung bieten.

Ein anderes Healthcare-Unternehmen betreibt im Basler Raum sein auf zwei Standorte verteiltes
zentrales Speichernetzwerk. Dort geht mit der stetig zunehmenden Server-Dichte der Trend auch bei
der Verkabelung schon lange in Richtung Verdichtung. Bereits vor fünf Jahren wurde in dem modernen
RZ eine übersichtliche, flexibel an jeden Bedarf anpassbare Infrastruktur aufgebaut. Diese basiert
auf zentralen optischen Verteiler-Racks und kleinere Bodentankverteilern in unmittelbarer Nähe der
Verteiler- und Server-Racks. Für die Verbindungen sorgen 144-fasrige Trunks und vorkonfektionierte
E2000-Multimode-Stecker. Letztere sind eine Besonderheit dieser Installation. Alle zentralen
Strecken verlaufen in Kabelrinnen im Unterboden.

"Verdichtet" wurde die Infrastruktur nach Angaben des Betreibers erstmals im Jahr 2007: mit
modernen doppelreihigen E2000-Patchpanels, die die Zahl der Steckplätze von 24 auf 48 pro
Höheneinheit (HE) verdoppelte. Doch das reichte nur kurzfristig. Bereits 2008 holte das
Planungsteam des Unternehmens Offerten zur MTP/MPO-Steckertechnik ein.

Nach einer umfassenden Evaluation der gelieferten Produkte, die auch 10-Gigabit-Messungen
umfasste, konnten sich das MTP-System von Connect Com und eine Lösung von Corning durchsetzen. Bei
dieser Entscheidung spielte nicht nur die hohe Qualität und das optisch hochwertige Design der
Produkte eine Rolle. Es ging den Infrastrukturverantwortlichen des Healthcare-Unternehmens auch um
eine hohe Installationsgeschwindigkeit sowie um einen klaren Migrationspfad von der alten auf die
neue Anschlusstechnik.

Die Migration auf die High-Density-Steckertechnik läuft seit Mitte 2009, zunächst als Rollout,
seitdem in schrittweisen Ausbauten. Connect Com liefert dafür bedarfsgerecht abgelängte, fertig
konfektionierte Trunks auf Basis spezieller 144-fasriger Kabel. Diese ermöglichen es, die
Multifiber-Stecker ohne Aufteilerelement direkt auf die zwölffasrigen Subelemente zu montieren.

Die hochfasrigen Trunks mit der MTP-Anschlusstechnik sind in den Bodentanks in eigens
entwickelten Einsätzen abgeschlossen. Von dort aus werden die Verteiler-Racks mit Extender-Trunks
angefahren und mit den Multifiber-Steckern bis in die Racks durchgepatcht. Die Patch-Panels selbst
sind mit je zwei Halb-19-Zoll-MTP-auf-LC-Modulen bestückt. So lassen sich 96 Fasern auf 1 HE mit
LC-Steckern abschließen.

Die auf E2000-Multimode basierende Verkabelung läuft weiterhin parallel zum neuen MTP-System.
Ein Umpatchen zwischen der alten, optisch parallel angelegten Anlage und dem neuen, durchweg
optisch gekreuzten System ist jederzeit möglich.

transfer


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Lampertz GmbH & Co. KG

Matchmaker+