Langzeitspeicherung auf Harddisks mit MAID

Aerobics für schläfrige Harddisks

18. November 2005, 18:31 Uhr | Dr. Johannes Wiele

Langfristig zu archivierende Backups landen heute in den meisten Fällen auf preiswerten Bändern. Für Daten, die im Ernstfall schnell wieder zur Verfügung stehen müssen, sind Festplatten manchmal geeigneter - wenn man ihnen die Langzeittauglichkeit anerzieht.

Bisher war es in vielen Organisationen übliche Praxis, selten benötigte Informati-onen von
Festplatten auf preiswertere Bänder auszulagern. In den seltenen Fällen, die ein Recovery notwendig
machten, kam es auf die notwendige Wartezeit beim Zurückspielen nicht unbedingt an. Heute dagegen
sollen – auch aufgrund rechtlicher Vorschriften – immer mehr Daten jederzeit griffbereit sein, und
im Disaster-Recovery-Fall zählt ohnehin jede halbe Stunde, die ein Unternehmen schneller wieder
aktionsbereit ist. Hinzu kommt, dass Bänder nur mit viel Aufwand auf Lesbarkeit zu überprüfen sind.
Der Markt reagiert auf all diese Probleme mit Versuchen, Festplattentechnik auch für die
Langfristige Datensicherung zu erschließen.

Einige Vorteile bringen die Platten schon auf den ersten Blick mit: Sie sichern schnell und
verkürzen damit die immer lästigeren Backup-Zeiten, liefern die Daten im Notfall ebenso schnell
wieder zurück und erlauben jederzeit den verzögerungsfreien Zugriff auf einzelne Dokumente. Diesem
Vorteil steht entgegen, dass permanent laufende Disk-Arrays viel Strom verbrauchen und im
Datacenter große Hitze erzeugen – kostentreibende Faktoren, die den Einsatz normaler
Plattenspeichersysteme für die langfristige Datenhaltung unwirtschaftlich machen.

Dirk Grunwald, Associate Professor für Computer Science and Electrical and Computer Engineering
an der Universität Boulder (Colorado) und Direktor des Colorado Center for Information Storage,
forscht seit langer Zeit über die Verwendbarkeit von Festplatten fürs Archivieren von Daten. "
Gerade im Universitätsbereich hat man es immer wieder mit wissenschaftlichen Daten zu tun, die
lange Zeit niemanden mehr interessieren und dann ganz plötzlich wieder für ein Projekt zur
Verfügung stehen müssen", erklärt der Spezialist, und weist beispielsweise auf Informationsbestände
der Langzeit-Klimaforschung hin. Er entwickelte das "Massive-Arrays-of-Idle-Disks"-Konzept (MAID),
das plattengestütze Speichersysteme ermöglichen soll, die weniger Energie verbrauchen als ein
Bandsystem mit Roboterarm. Ein Anbieter MAID-gestützter Systeme ist das Unternehmen Copan, das
seine Produkte mit SATA-Disks bestückt – eines der Produkte bietet derzeit 896 Platten mit 224
TByte in einem Kabinett, wobei etwa 20 bis 25 Prozent der Harddisks gleichzeitig laufen dürfen,
ohne Hitzeprobleme zu erzeugen.

Das Problem bei MAID ist, dass die Festplatten die meiste Zeit im MAID-Verbund ausgeschaltet
bleiben müssen. "Wir mussten herausfinden, welche Konsequenzen das für die gespeicherten Daten hat"
, erklärt Grunwald. Über Langzeituntersuchungen fand sein Team heraus, dass eine Platte etwa fünf
bis sechs Jahre im Regal zubringen kann, ohne dass die Magnetisierung leidet. Im MAID-System
allerdings werden die Harddisks etwa alle sechs Monate zu "Aerobics" aufgeweckt. Die Software des
Arrays überprüft dann die Funktionsfähigkeit der Platten und die Zugriffsfähigkeit der Daten und
schreibt diese bei Bedarf neu. Bei abgeschalteten Platten ist auch die Elektronik stillgelegt, denn
eine Harddisk, die 10 Watt bei normalem Betrieb verbraucht, benötigt laut Grunwald immer noch 1,5
Watt, wenn nur die Steuerung aktiv ist. Die Hochlaufzeit spielt in der Praxis dagegen kaum eine
Rolle.

"MAID-Systeme sollten mit RAID-Funktionen gebaut und darüber hinaus so angelegt sein, dass auch
Platten mit neuen Schnittstellen und Kapazitäten eingebaut werden können", erklärt Grunwald, "dann
erledigen sich auch ein paar Probleme, die im Falle von Bändern und optischen Platten bei der
Migration auftreten, denn im MAID ist jeder Datenträger ja auch sein eigener Reader, sodass keine
Alttechnik separat vorgehalten werden muss".

Neben Universitäten findet MAID derzeit häufig Anwender im Video- und Medienbereich. "Die
Filmindustrie kann so beispielsweise Szenen aus Animationsfilmen leichter im Zugriff halten", nennt
Grunwald eines der Einsatzgebiete, "und auch bei Spielcasinos gibt es ein etwas kurioses
Einsatzgebiet: Hier werden gern die Filme der Überwachungskameras auf MAID-Systemen gespeichert,
damit die Spielbanken leichter nach Spielbetrügern fahnden können."

Info: Copan Web: www.copansys.com


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