NAS-System TVS-882T von Qnap im Test

Ausgereifter Speicher

3. November 2016, 8:00 Uhr | Von Thomas Bär und Frank-Michael Schlede.

Qnap hat aus einem einfachen NAS-System eine Allround-Appliance gebaut, die mit vielen Features beim Anwender punkten soll. Im LANline-Test musste das Modell TVS-882T zeigen, ob es die hohen Erwartungen erfüllen kann.

NAS-Systeme gibt es wie Sand am Meer, und ein Linux-Betriebssystem in ein Gehäuse mit Platten schrauben, gelingt heute jeder findigen Hardwareschmiede auf der ganzen Welt. Ganz einfache Systeme liefern dann auch nicht mehr als eine NFS/SMB-Freigabe - auch dafür gibt es Anwender. Auf der anderen Seite stehen voll ausgebaute Storage-Systeme mit allem, was das Kundenherz in Bezug auf Anschlussmöglichkeiten begehrt. Qnap ist einer dieser Anbieter, der das komplette Portfolio vom Minisystem bis hin zum 24-Platten-Enterprise-Storage bietet.

Der iSCSI-Trend hat den NAS-Systemen den Weg in die Rechenzentren geebnet, da eine flexible Einbindung in die bereits vorhandenen Storage-Strukturen problemlos möglich ist. Viele Administratoren nutzen NAS auch als Speichersystem für ihre Virtualisierungsumgebungen. Qnap hat diesen Gedanken noch weiter gedacht und bietet mit der TVX-x82T-Serie ein NAS in einer Combo-Variante für DAS, NAS und als iSCSI-Host sowie gleichzeitig als Plattform für die Virtualisierung. Als ob dies noch nicht genüge, nutzen Geräte dieser Serie die von Apple etablierte Thunderbolt-II-Schnittstelle als alternative Hochgeschwindigkeitsverbindung mit bis zu 20 GBit/s.

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Auch kleinere NAS-Systeme wie die TVS-882T stattet Qnap mit der leicht zu bedienenden und modernen Web-Oberfläche aus.

Was darf der Anwender von dem 231 × 293 × 320 Millimeter großen und äußerst stabil verarbeiteten schwarzen Kubus erwarten? Im Geräteinneren arbeitet eine Intel-CPU der sechsten Generation vom Typ Core i5, der 16 GByte RAM in der DDR4/2133-MHz Ausprägung zur Verfügung stehen. Neben den sechs 3,5-Zoll-SATA-Schächten bietet das NAS-System noch zwei weitere Festplattenschächte in Form von 2,5-Zoll-Einschüben für SSD-Platten an, die in unserem Testgerät jedoch verwaist blieben.

Wie in dieser Preis- und Leistungsklasse fraglos zu erwarten: Natürlich unterstützt das Gerät Hot-Plug und Hot-Spare. Unser Testgerät enthielt in der Summe sechs ST6000VN0001-Platten von Seagate mit je 5,46 TByte Speicherkapazität. Auf der Rückseite bietet es vier 1-GBit/s-NICs und zwei 10-GBit/s-NICs für die Netzwerkeinbindung. Da sich das Qnap-NAS-Gerät auch für den direkten Betrieb als Arbeitsstation im Videoschnittumfeld mit Final Cut Pro X für den Mac eignet, gibt es gleich drei HDMI-Ausgänge, vier USB-Anschlüsse und eine 3,5-mm-Audiobuchse. Die im Lieferumfang enthaltene Fernbedienung ist eher für den Audiofreund gedacht, der das Gerät im heimischen Umfeld nutzen möchte.

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Microsofts Edge-Browser gehört bei Qnap noch nicht zu den "Lieblingen".

Einige Besonderheiten der Qnap-Serie bietet der Hersteller durch die Nutzung der Thunderbolt-Schnittstelle, die Intel und Apple vor einigen Jahren gemeinschaftlich auf den Weg brachten. Thunderbolt II bietet eine Durchsatzrate von bis zu 20 GBit/s im Vergleich zu 5 GBit/s bei USB 3.0 oder 0,5 GBit/s bei USB 2.0. Als Direct-Attached Storage (DAS) können Benutzer die NAS direkt über Thunderbolt einbinden. Die Hochgeschwindigkeitseinbindung per Thunderbolt - die TVS-882T bietet zwei davon - ist einerseits das Geheiminis für die Nutzung als Schnittplatz mit Final Cut Pro X, aber auch für die Möglichkeit, die Speicherkapazität der Qnap-NAS-Storages über "Daisy Chaining" zu erweitern, bei der ein weiteres Qnap-NAS vom Typ TX-800P als reine JBOD-Plattenchassis dient.

Es spricht

Wir staunten nicht schlecht, als nach ein paar Minuten nach dem ersten Einschalten ein Ton erklang, der daran erinnert, dass die Fahrstuhltür sich gleich öffnen würde - gefolgt von einer weiblichen Computerstimme, die uns auf Englisch mitteilte, dass das System nun komplett gestartet sei. Wenn nun alle Systeme in einem Server-Raum direkt zu sprechen beginnen? Aber lassen wir das, denn sein TVS-882T hat Qnap ganz klar für den SMB-Markt positioniert. Für die weitere Konfiguration lässt sich ganz traditionell der Browser nutzen. Die IP-Adressen auf den verschiedenen Interfaces erscheinen in einem regelmäßigen Abstand auf dem zweizeiligen Frontdisplay. Erwartungsgemäß besorgt sich die NAS vom DHCP-Server eine IP-Lease und ist vom Administrator auf der lokalen Adresse mit der Benutzernamen/Passwort-Kombination "admin" erreichbar.

Das System lief bereits einige Zeit, ehe wir überhaupt mit einem Anmeldeversuch den Test fortführten. Bevor wir uns über das hübsch designte Menü mit den bunten Icons erfreuen konnten, lud uns ein Assistent ein, auf die aktuellste Version des Betriebssystems QTS 4.2.2 mit der Build-ID 20160901 zu aktualisieren. Durch einen Klick auf "Weiter" springt das Browser-Fenster direkt in die Systemsteuerung und klickt, quasi von Geisterhand, auf die Firmware-Aktualisierung. Und wieder sprach der Roboter zu uns, wir sollen das Gerät bitte auf keinen Fall ausschalten, da gerade ein Firmware-Update läuft.

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Sehr leicht fällt dem Benutzer der Import oder die Anlage von virtuellen Maschinen auf dem NAS-System.

Die aktuelle Version der Qnap-NAS bringt Benutzern sowohl im professionellen als auch im eher heimischen Umfeld einige Vorteile, ohne dass damit Kosten verbunden wären. Zur Steigerung der Geschäftseffizienz und -leistung bietet das neueste QTS eine optimierte Datenverwaltung, SSD-Cache-Beschleunigung und eine komplette Sicherungslösung. Der gänzlich neu gestaltete Storage-Manager weist nun zusätzlich ein praktisches Snapshot-Werkzeug auf, mit dem Anwender Volume- und LUN-Snapshots für einen späteren Abruf systematisch sichern.

Datenmigrationen, so der Hersteller, fallen leichter mit sogenannten JBOD-Erweiterungsgehäusen, die keine zusätzliche Netzwerkkonnektivität benötigen. Die Versionskontrolle unterstützt mehrere Sicherungsversionen und ermöglicht dem IT-Profi das Zurücksetzen zu einem beliebigen Zeitpunkt.

Mit dem neuen QTS unterstützt die Snapshot-Funktion des Storage-Managers iSCSI-LUNs zur schnellen Sicherung und Wiederherstellung von Daten. Bei Erstellung eines LUN-Snapshots erlaubt der Qnap Snapshot Agent für Windows Server oder VMware Vcenter dem NAS-System die Kommunikation mit einem externen Server bei der Snapshot-Erstellung und gewährleistet applikationskonsistente LUN-Snapshots.

VSS Hardware Provider bietet zudem NAS ROW (Redirect on Write) anstelle von Windows COW (Copy on Write) zur Steigerung der Sicherungseffizienz und zum Abladen des Snapshot auf dem NAS, was die Leistungseinbußen beim Windows-Server reduziert.

Neben der Datensicherung auf dem NAS-System können Anwender die NAS-Daten für eine alles umfassende Notfallwiederherstellungslösung auch in modernen Cloud-Diensten sichern. QTS 4.2 unterstützt zudem das Vsphere Web Client Plug-in, das eine zentrale Verwaltung im Vcenter-Umfeld erlaubt.

Virtuelle Welten

Das Plug-in erweitert die Vcenter-Umgebung um ein Qnap-spezifisches Menü, das das Management von VMware-Datenspeichern direkt aus der Vsphere-Konsole heraus ermöglicht. Grundsätzlich ließen sich alle Arbeitsschritte auch ohne das Plug-in erledigen, jedoch reduziert sich die nötige Anzahl von Mausklicks für den Administrator ein wenig. Das Qnap-NAS-Gerät unterstützt VMware VAAI (Vstorage APIs für Array-Integration), um die Leistung der Betriebsvorgänge in Virtualisierungsumgebungen zu erhöhen. Mit VAAI wird die Datenverarbeitung auf das NAS-System übertragen, um einen Teil der Management-Verfahren für die VMs zu erleichtern.

Die Verwendung von VMware VAAI mündet, so der Hersteller, in einer geringeren CPU-Belastung, geringerem Speicherverbrauch und Reduktion der notwendigen Bandbreite für den ESXi. Einsparungen im Bereich der Microsoft-Hyper-V-Virtualisierung erzielt das NAS-System, wenn Daten von einem virtuellen System auf ein anderes virtuelles System zu übertragen sind und sich beide virtuellen Speicherbereiche auf der NAS und Verwendung von iSCSI befinden (ODX, Offloaded Data Transfer).

Neben der Bereitstellung von Storage für die gängigen Virtualisierungsplattformen bietet das NAS-System noch eine eigene Virtualisierung auf Basis von QEMU. Die kostenlose App "Virtualization Station 2.2" installiert der Anwender per Mausklick. Wenige Minuten später steht ihm eine zusätzliche Oberfläche auf Port 8080 zur Verfügung.

Die Trennung der Konfigurationseinstellungen ist praktisch, da möglicherweise andere Personen virtuelle Maschinen verwalten dürfen, anstatt direkt im NAS-Management zu agieren. QEMU virtualisiert alle derzeit am Markt gängigen Betriebssysteme, auch Android.

Wie bei Parallels, VMware oder Microsoft empfiehlt es sich dringend, die spezifischen Treiber innerhalb der Virtualisierung einzubinden - dies gelingt auch hier per Mausklick. Ansonsten orientiert sich die Virtualisierung von Qnap an altbekannten Vorgehensweisen: Definition von Hardware mit Auswahl von CPU-Kernen, Speicher und Netzwerkkarten. Während frühe Varianten noch keine Link-Aggregation beherrschten, sind ein virtueller Switch und NIC-Bonding heute auch bei der Virtualization Station möglich.

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Pech: Der Import der Exadbox-VM funktioniert weder in der 2014er- noch in der 2016er-Ausprägung.

Während der Hersteller im "VM-Marktplatz" auf den Bitnami App Store und den VMware Marktplatz für vorgefertigte Appliances verweist, dürfte wohl kaum jemand vorgefertigte Images im QEMU-Format im Unternehmen vorhalten. Qnap unterstützt neben dem Import (OVA, OVF, QVM, XML, VMX) und Export (QVM, OVF) von virtuellen Maschinen auch ei- nen Snapshot, der den Zustand der VM zum gewünschten Zeitpunkt sichert, was für das Tagesgeschäft von höchster Wichtigkeit ist.

Leider gelang es uns im Zuge der Teststellung nicht, vorgefertigte VMware/Virtualbox-Appliances per Import zu integrieren, obwohl andere Virtualisierungs-Hosts die Exadbox-Images (exadbox.winitpro.de) problemlos importierten. Bei der Anpassung der virtuellen Festplatte kam es nachvollziehbar zu Abbrüchen. Das direkte Anlegen eines Windows Servers über den Konfigurationsassistenten gelang indes ohne Schwierigkeiten. Nachgemessen mit der aktuellsten Version bescheinigte Sisoftware Sandra Lite dem mit vier Kernen virtualisierten Windows Server 2012R2 sehr gute Leistungsdaten mit einer Prozessorgesamtleistung von 67,13 GOPS, einer Dhrystone-Gesamtleistung von 96,81 GFLOPS und einem Whetstone-Fließkommawert von 45,12 GFLOPS. Aber auch für weniger schwergewichtige Virtualisierungen ist Qnap schon jetzt gewappnet: Die Container Station arbeitet mit LXC und Docker mit dem isolierten Linux-System für eine App-Virtualisierung.

Gute Storage-Leistungen

Bei den vielen Features des Geräts mag das ursprüngliche Einsatzziel ein wenig aus dem Fokus rücken, jedoch ist das TVS-882T noch immer ein reinrassiges NAS, das über verschiedene RAID-Level und Volume-Zuordnungen Storage über verschiedene Verfahren zur Verfügung stellt. Eine DAS-Anbindung mit Thunderbolt ist sicher nicht das alleinige Einsatzziel. Traditionell verbinden Administratoren NAS als iSCSI-Target mit Server-Systemen. Wegen der Ausstattung mit ausreichend vielen und leistungsstarken NICs ist dies in diesem Fall kein Problem.

Erstmalig erscheint ein Assistent namens "Schneller Konfigurationswizard". Er hilft dem Administrator bei der Einrichtung von iSCSI mit LUN, nur der Definition eines iSCSI-Targets oder nur bei der Festlegung einer iSCSI-LUN. Über 13 Schritte legt der Administrator mithilfe des Assistenten eine iSCSI-Funktion an - dies lässt sich kaum noch einfacher gestalten.

Im Test dauerte die Einbindung eines Volumes für Windows-Computer lediglich ein paar Minuten. Während der Anlage eines Volumes über den Speicher-Manager von Qnap kann der Administrator nicht gleichzeitig weitere Volumes vorbereiten - dies gelingt nur nacheinander.

Die Leistungsfähigkeit beim Datentransfer ließ sich faktisch mit der maximalen Übertragungsrate über die NICs erklären. Nachgemessen mit Crystal Disk Mark 5.12 liefert ein über iSCSI angebundenes Volume mit 119/112 MByte/s beim sequenziellen Q32T1-Lese/Schreib-Zugriff überzeugende Werte, die sich mit dem verwendeten 1-GBit/s-Netzwerk erklären lassen. Im freien 4K-Zugriff ging es mit 11/10 MByte/s etwas beschaulicher zur Sache - dies ist jedoch absolut im Rahmen. Eine im Testrechner lokal eingesetzte SATA-SSD erzielte Vergleichswerte von 245/212 MByte/s für Q32T1 und 19/47 MByte/s für 4K-Lese/Schreibzugriffe.

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Dank eines kleinen Plug-ins können Administratoren das Qnap-NAS-System direkt aus dem Vsphere-Client ansprechen.

Die Messergebnisse für das NAS als Storage-System aus einem virtualisierten Windows Server 2012R2 aus der Virtualization Station 2.2 sind gut. Im sequenziellen Lesevorgang Q32T1 erreicht der Crystal Disk Mark 5.1.2 ein Ergebnis von 931,4 MByte/s, während der Schreibvorgang bei immer noch sehr guten 609,4 MByte/s liegt.

Gelungene Oberfläche

Die Management-Oberfläche von Qnap ist äußert gut gelungen. Dank der HTML5-Funktionen können Anwender Fenster innerhalb der Browser-Sitzung frei positionieren und zwischen den Dialogfenstern frei wechseln - ganz so, wie es moderne Betriebssysteme vormachen. Lediglich eine Sache störte uns im Test gewaltig: Außerhalb von Eingabebereichen steht keine Kopierfunktion über die Zwischenablage zur Verfügung. Will man die Typenbezeichnung oder die Seriennummer seines NAS kopieren - Fehlanzeige. Dann ist Abschreiben angesagt.

Ansonsten bietet das Qnap-Betriebssystem alles, was das Administratorenherz begehrt: Web-Server, LDAP-Services, VPN-Funktionen, zentrale Syslog-Services, eingebaute Clam-Antivirus-Dienste, einen eingebauten TFTP-, RADIUS- und NTP-Server sowie einen integrierten SQL-Server mit Maria DB 5.5.44 - äußerst hilfreich, wenn der Administrator die Web-Services gemeinsam mit dem Tool Phpmyadmin verwenden will.

Fazit

Die neueste Qnap-NAS-Serie ist gelungen und hat weit mehr zu bieten als einfach nur Storage. Wenn ein System viele Dinge beherrscht, mangelt es bisweilen bekanntlich an der Qualität der einzelnen Funktionen. Dies ist hier nicht der Fall - das getestete TVS-882T-Gerät liefert ordentliche Leistungswerte - auch ohne unterstützende SSD-Platten. Als primäres Speichersystem in einer Außenstelle oder auch als Storage-System im Rechenzentrum verschafft sich der kleine Qnap-Würfel schnell Respekt: Einbindung in Cloud-Lösungen, Erweiterungen per Thunderbolt und eine umfassende App-Infrastruktur - da sehen so manche reinrassige NAS-Varianten lahm aus. Die zusätzliche Virtualisierungsfunktion macht die NAS noch einmal flexibler in Bezug auf ihre Einsatzgebiete. Der aktuelle Preis beträgt ohne Platten rund 2.550 Euro.

Dies ist der Box-Titel
Info: Qnap Deutschland
Tel.: 0900/1845678
Web: www.qnap.com/de-de
Thomas Bär und Frank-Michael Schlede.

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