Technologien für die Speichervirtualisierung

Storage-Virtualisierung auf dem Vormarsch

13. März 2007, 23:00 Uhr | Christoph Lange/mw

Für die Virtualisierung von Speichersystemen sind mittlerweile eine ganze Reihe Technologien erhältlich, die nach und nach ihren Weg in die produktiven Unternehmensnetze finden. Stark im Kommen sind Virtual Tape Libraries (VTLs), die kürzere Sicherungszeiten und eine schnellere Wiederherstellung von Daten ermöglichen.

Nachdem die erste Euphorie verflogen ist, beginnt sich die Speichervirtualisierung allmählich in
den Unternehmen zu etablieren. Laut Forrester Research werden im nächsten Jahr bereits etwa die
Hälfte aller größeren Firmen für ihre Speichersysteme eine Virtualisierungslösung einsetzen.

Dass diese neue Technologie bislang eher zögerlich akzeptiert wird, liegt unter anderem daran,
dass die Hersteller sich noch nicht auf gemeinsame Standards einigen konnten. Deshalb ist immer ein
gewisses Investitionsrisiko im Spiel, egal für welche der proprietären Lösungen sich ein
Unternehmen entscheidet.

Die Vorteile einer Speichervirtualisierung dürften mittlerweile den meisten
Storage-Verantwortlichen bekannt sein. So lassen sich vorhandene Speichersysteme besser auslasten
und Disk-Arrays unterschiedlicher Hersteller in einen gemeinsamen Storage-Pool integrieren. Der
Administrator kann virtualisierte Speicherressourcen flexibel verwalten und bei Bedarf schnell den
jeweiligen Servern zuweisen. Eine Vergrößerung von LUNs (Logical Unit Number) ist im laufenden
Betrieb möglich. Einige Systeme unterstützen sogar eine Migration von LUNs zwischen
unterschiedlichen RAID-Gruppen und Speichersystemen im laufenden Betrieb. Dadurch lassen sich
flexible Tiered-Storage-Lösungen realisieren.

Es gibt auch Produkte, die dem Serverbetriebssystem vorgaukeln, dass ihm zum Beispiel 2 TByte
Speicher zur Verfügung stehen, während es in Wirklichkeit lediglich den Speicherplatz mit Beschlag
belegt, den es tatsächlich gerade benötigt. Die vorhandenen Ressourcen lassen sich damit wesentlich
besser ausnutzen, weil nicht jeder Server eine eigene Reserve an freiem Speicherplatz benötigt,
sondern alle Host-Systeme hierfür einen gemeinsamen globalen Speicher-Pool nutzen.

Eine weitere Stärke von Virtualisierungslösungen ist die Integration unterschiedlicher
SAN-Protokolle (Storage Area Network) wie Fibre Channel (FC) und iSCSI (Internet SCSI over IP).
Zudem stehen nützliche Funktionen wie Snapshots, Clones, Spiegelung, Replikation, LAN- oder
Server-free Backup, HSM (Hierarchical Storage Management) sowie Datenmigrations-Tools für alle
Speichersysteme zur Verfügung. Die einfachere Verwaltung verbessert auch die Effizienz, denn in
einer virtualisierten Speicherumgebung kann ein Storage-Administrator deutlich höhere Kapazitäten
verwalten als ohne Virtualisierung.

IT-Verantwortliche, die eine Speichervirtualisierung einführen möchten, haben die Qual der Wahl:
Sie müssen sich für eine von mehreren Technologien entscheiden, die um die Gunst der Anwender
wetteifern.

In-Band versus Out-of-Band

Von den Unternehmen, die bereits eine Speichervirtualisierung eingeführt haben, setzt bislang
die Mehrheit In-Band-Lösungen ein. Der erfolgreichste Anbieter ist IBM mit dem SAN Volume
Controller (SVC). Die Virtualisierungssoftware läuft auf einer geclusterten Linux-Plattform, die
sich durch Hinzufügen weiterer Appliances gut skalieren lässt. Spezialisierte Anbieter wie Datacore
und Falconstor stellen ebenfalls bereits seit Jahren die Praxistauglichkeit ihrer In-Band-Produkte
für die Speichervirtualisierung unter Beweis. Neben dem FC-Protokoll unterstützten diese beiden
Hersteller auch eine Virtualisierung von iSCSI-Speichersystemen.

Bei In-Band-Lösungen sitzt die Virtualisierungs-Appliance direkt im Datenpfad zwischen den
Speichersystemen und den Servern. Dies hat den Vorteil, dass auf den Speichersystemen und Servern
keine Agenten nötig sind. Allerdings kann die Virtualisierungsbox bei sehr hohen
Performance-Anforderungen zum Flaschenhals werden, da alle I/O-Operationen (Input/Output) über sie
laufen müssen. In diesem Fall lassen sich weitere Appliances in das Speichernetz integrieren, um
den maximal möglichen Gesamtdurchsatz zu erhöhen.

Out-of-Band-Lösungen haben dagegen den großen Vorteil, dass die Appliances nicht direkt im
Datenpfad sitzen und damit nicht zum Flaschenhals werden können. Sie verwalten lediglich die
Metadaten und steuern die I/O-Operationen, indem sie entweder mit Agenten kommunizieren oder den
I/O-Traffic über die SAN-Switches kont-rollieren. Dadurch bieten sie eine sehr gute Skalierbarkeit.
Bislang ist es den Out-of-Band-Lösungen allerdings noch nicht gelungen, sich auf breiter Front
durchsetzen.

Zu den bekanntesten Vertretern dieser Kategorie zählen EMC mit der 2005 vorgestellten
Virtualisierungslösung Invista, die sich in SAN-Switches integriert, sowie Storeage mit der
Appliance Storage Virtualization Manager (SVM). Invista ist für SAN-Switches von Brocade/McData und
Cisco erhältlich. Die Lösung unterstützt neben dem Volume Management unter anderem ein Cloning für
Datenmigrationen und Remote Replication. EMC hat mit Invista zunächst den Markt der sehr großen
Unternehmen im Visier. Sobald es gelungen ist, sich hier zu etablieren, soll das Produkt auch für
mittelständische Firmen angeboten werden.

Das in Israel beheimatete Unternehmen Storeage ist bereits seit mehreren Jahren im
Virtualisierungsmarkt aktiv. Es wurde Ende 2006 von LSI Logic übernommen. Die von Storeage
entwickelte SVM-Lösung wird unter anderem von Computer Associates in Kombination mit den
CA-Bright-stor-Produkten für das Speicher- und Datenmanagement angeboten. Eine integrierte Lösung
ist auch von Qlogic erhältlich. Qlogic vermarktet den SVM zusammen mit einer durch die Übernahme
von Troika Ende 2005 zugekauften Speichernetz-Appliance. Die Besonderheit der SVM-Lösung von Qlogic
besteht darin, dass auf den Servern keine Agenten mehr nötig sind.

Array-basierte Virtualisierung

Einen recht Erfolg versprechenden Weg scheint Hitachi Data Systems (HDS) bei der
Speichervirtualisierung eingeschlagen zu haben. Die von HDS entwickelte Unified Storage Platform
(USP) integriert die Virtualisierungslösung direkt ins Speichersystem. Mit USP lassen sich die
Speicherressourcen von Disk-Arrays anderer Hersteller als so genannte Externe LUNs einbinden.
Dadurch können alle Funktionen wie Snapshots, Replikation oder Shadow Copy auch mit
Speichersystemen anderer Hersteller genutzt werden. Im Highend-Bereich umfasst USP die
Tagmastor-Systeme von HDS. Dieselben Funktionen sind mit dem NSC 55 (Network Storage Controller)
auch für den Midrange-Bereich erhältlich.

Gateways und virtuelle Filesysteme

Eine Virtualisierung von Speichersystemen unterschiedlicher Hersteller ist auch mit so genannten
Storage-Gateways möglich. Je nach Ausstattung sind diese Produkte in der Lage, NAS-, FC- und
iSCSI-Disk-Systeme zu virtualisieren. Zu dieser Kategorie zählen zum Beispiel die V-Series-Systeme
von Network Appliance und kostengünstige Lösungen wie das IP Storage Gateway 9200 von Reldata, das
die per FC, iSCSI oder SCSI angeschlossenen Speichersysteme virtualisiert und mit den Servern über
das iSCSI-Protokoll kommuniziert.

Um die Verwaltung großer Speichernetze zu vereinfachen, bieten mehrere Hersteller virtuelle
Filesysteme an. Zu ihnen zählt Brocade mit StorageX, einem Produkt, das ursprünglich von dem Anfang
2006 übernommenen Hersteller NuView entwickelt wurde. StorageX stellt einen globalen Namensraum zur
Verfügung und kann dadurch Dateien von unterschiedlichen Speicher- und Serverplattformen in einem
einzigen logischen Daten-Pool zusammenfassen. Network Appliance vermarktet Stor-ageX als Virtual
File Manager (VFM). Die Software ist auch für die Migration großer Datenbestände ein hilfreiches
Werkzeug. EMC hat bereits vor einiger Zeit mit Rainfinity einen Anbieter übernommen, der eine
ähnliche Lösung für die Virtualisierung von Dateien in verteilten Netzwerken entwickelt hat. Auch
der von Quantum übernommene Hersteller Adic hat mit Stornext ein Metafilesystem im Portfolio, das
unterschiedliche Filesysteme zu einem gemeinsamen Repository zusammenfassen kann.

Virtuelle Bandbibliotheken im Aufwind

Zu einer echten Erfolgsstory haben sich Virtual Tape Libraries (VTLs) entwickelt. Dabei handelt
es sich um Disk-Arrays, die mithilfe einer speziellen Software in der Lage sind, sämtliche
Funktionen einer Bandbibliothek zu emulieren. Derartige Systeme sind mittlerweile von einer ganzen
Reihe Anbietern erhältlich. Zu ihnen zählen unter anderem Quantum mit den DX-Systemen sowie der vor
kurzem von Quantum übernommene Hersteller Adic, der die Pathlight-VX-Familie entwickelt hat.
Fujitsu-Siemens hat mit Centric Stor bereits seit einigen Jahren eine VTL-Lösung im Portfolio, die
wie die Pathlight-Systeme von Adic das Tape-Backup gleich mit integriert
(Disk-to-Disk-to-Tape).

Zu den Veteranen der Backup-to-Disk-Lösungen gehört auch IBM. Die Backup-Lösung IBM Tivoli
Storage Manager (TSM) verwendet schon seit langer Zeit einen Disk-Pool als primäres Speicherziel
für die Sicherung von Servern und verschiebt die Daten erst zu einem späteren Zeitpunkt auf die am
TSM-Server angeschlossenen Bandbibliotheken. Andere Hersteller haben inzwischen nachgezogen. Mit
den Clariion-DL-Libraries bietet EMC eine Lösung an, die auf der VTL-Software von Falconstor
basiert. Auch Overland Storage ist mit den Reo-Systemen in diesem Bereich aktiv. Network Appliance
ist im vergangenen Jahr ebenfalls mit einer eigenen VTL-Lösung, die auf der
FAS3000-Midrange-Plattform basiert, in dieses Marktsegment eingestiegen. Die Technologie hat NetApp
2005 durch die Übernahme von Alacritus zugekauft.

Dass virtuelle Bandbibliotheken so erfolgreich sind, hat mehrere Gründe. Zum einen beschleunigen
sie das Backup, weil die Daten nicht auf Band, sondern auf ein schnelles Disk-System geschrieben
werden. Dadurch sind VTLs in der Lage, auch sehr große Datenmengen innerhalb des nächtlichen
Backup-Zeitfensters zu sichern. Noch wichtiger ist der Geschwindigkeitsvorteil gegenüber
Bandbiliotheken bei der Wiederherstellung von Daten. Diese geht ebenfalls deutlich schneller
vonstatten als mit herkömmlichen Tape Libraries. Ein weiterer Grund ist die nahtlose Integration in
die vorhandene Infrastruktur. Da VTLs eine Bandbibliothek emulieren, sind keine Änderungen an der
vorhandenen Backup-Struktur erforderlich. Die Server verwenden wie bisher ihren Backup-Client, um
die Daten zu sichern. Nur mit dem Unterschied, dass die Daten nicht mehr auf Band, sondern auf den
Festplatten der VTL landen.

VTL mit De-Duplication

Der neueste Trend bei virtuellen Bandbib-liotheken besteht darin, Technologien zu integrieren,
mit denen sich die zu sichernde Datenmenge deutlich reduzieren lässt. Das Zauberwort heißt
De-Duplication. Quantum hat vor kurzem mit den DXi-Systemen eine neue Generation seiner VTL-Systeme
vorgestellt, die eine derartige Technologie integrieren. De-Duplication-Lösungen untersuchen die zu
sichernden Daten auf dem Block- oder Byte-Level und speichern identische Daten nur ein einziges Mal
auf dem Backup-System ab. Zu welchen Dateien ein Block- beziehungsweise Byte-Segment gehört, merkt
sich das System mithilfe von Metadaten. Nach den Aussagen der Hersteller soll sich das Volumen der
Backup-Daten durch derartige Lösungen unter günstigen Umständen auf ein Fünfzigstel reduzieren
lassen.

Grundsätzlich lassen sich zwei Architekturen für De-Duplication unterscheiden. Bei den Lösungen
von Quantum, Diligent oder Data Domain handelt es sich um In-Line-Systeme. Diese führen die
De-Duplication gleich während des Backups durch. Diligent hat hierfür die Plattform Protectier
entwickelt. Diese Technologie wird unter anderem auch von HDS vermarktet. Bei Quantum integriert
die DXi-Familie die VTL- und De-Duplication-Technologie in einem System.

Out-of-Line-Lösungen dagegen starten die Datenreduktion erst, nachdem das normale Backup
abgeschlossen ist. Dies hat den Vorteil, dass die De-Duplication deutlich schneller vonstatten
geht, als bei In-Line-Systemen, die ja gleichzeitig die normale Datensicherung durchführen müssen.
Ein Nachteil der Out-of-Line-Architekturen besteht darin, dass größere Anpassungen an der
Backup-Infrastruktur erforderlich sind, um derartige Lösungen zu integrieren. Die In-Line-VTLs
dagegen fügen sich aus Sicht der Backup-Anwendungen transparent in vorhandene Umgebungen ein.

Zu den Vertretern von Out-of-Line-Lösungen zählen unter anderem Falconstor und Avamar. EMC ist
inzwischen ebenfalls in dieses Marktsegment eingestiegen und hat durch die Übernahme von Avamar das
nötige Know-how zugekauft. Bei Falconstor ist die Technologie unter dem Namen Single Instance
Repository (SIR) als Add-on für die VTL-Lösung erhältlich. Die VTL-Lösung von Falconstor vermarktet
EMC bereits seit längerem in Form der Clariion DL-Systeme. Das zugehörige Abkommen haben die beiden
Hersteller vor kurzem bis zum Jahr 2013 verlängert, sodass EMC auch in Zukunft die
Falconstor-Lösung als VTL-Produkt für Open Systems anbieten wird.

Network Appliance ist 2006 mit eigenen Produkten in den VTL-Markt eingestiegen. Die Nearstore
VTL-Systeme basieren auf der FAS-3000-Plattform. Die VTL-Technologie hat Network Appliance durch
die Übernahme von Alacritus 2005 zugekauft. Ende vergangenen Jahrs hat Network Appliance
angekündigt, dass die VTL-Systeme im Laufe dieses Jahres um De-Duplication-Funktionen erweitert
werden sollen.

Ausblick

Die neuen De-Duplication-Lösungen ermöglichen eine starke Reduktion der zu sichernden
Datenmengen. Wenn die Technik hält, was die Hersteller versprechen, düfte sich eine Investition in
derartige Produkte schon nach kurzer Zeit rechnen.

Was die Virtualisierung von Speichersystemen angeht, fällt der Ausblick etwas verhaltener aus.
Welche der beschriebenen Virtualisierungstechnologien für ein Unternehmen die richtige Wahl ist,
lässt sich nicht pauschal beantworten. Dies hängt in erster Linie von den jeweiligen Anforderungen
ab. Das Fehlen von allgemein akzeptierten Standards wirkt bislang als Investitionsbremse. Die
Storage Networking Industry Association (SNIA) sollte sich deshalb darum bemühen, auch für diesen
Bereich verbindliche Standards zu etablieren. Mit der Verabschiedung der Storage Management
Initiative Specification (SMI-S) für die Verwaltung von Speichersystemen ist die SNIA auf diesem
Weg bereits einen ersten Schritt vorangekommen.


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