Welche optionalen Messungen sinnvoll sind

Abnahmemessungen an Kupfer-Datenstrecken

11. Mai 2022, 7:00 Uhr | Alfred Huber/jos

Abnahmemessungen an (Kupfer-) Datenstrecken sind ein wichtiger Bestandteil der Qualitätskontrolle an Netzwerkverkabelungen. Welche Messungen erforderlich sind, definieren die gängigen Verkabelungsnormen ISO/IEC 11801-1 und nachgeschaltet die (DIN) EN 50173-1.

Diese Normen enthalten Tabellen, in denen die einzelnen Messparameter aufgelistet werden, die für die Aussage erforderlich sind, ob Datenstrecken die notwendigen, definierten Bandbreitenanforderungen der jeweiligen geforderten Leistungsstufe erfüllen. Diese sind einzuhalten, um gewisse Anwendungen zu unterstützen – etwa Gigabit-Ethernet und die möglichen Geschwindigkeiten.

Die Parameter-Tabellen dieser Normen unterscheiden zwischen Messung im Labor, zum Beispiel bei der Entwicklung oder im Fertigungsprozess von Kabeln und Komponenten und daraus gebauten Strecken, und der typischen Feldmessung an installierten Strecken mit gängigen Zertifizierungs-Messgeräten. Wie diese Messungen durchzuführen sind, ist wiederum festgelegt in der Norm IEC 61935-1, die neben dem „Wie“ auch vorschreibt, welche Genauigkeiten einzuhalten sind und wie eine korrekte Dokumentation auszusehen hat. Die Messparameter selbst sind in vier verschiedene Gruppen eingeteilt, abhängig davon, wie relevant sie bei der Zertifizierung einer Strecke sind. Absteigend sind sie eingeteilt in „normativ“, das heißt 100 Prozent Testtiefe und zwingend erforderlich, bis hinab zu „normativ, aber nur stichprobenartig“. Beide normativen Gruppen lassen jedoch die Hintertür offen, auch per Dimensionierung erfüllbar zu sein. Die nächste Hierarchiestufe sind die Parameter, die aus den zuvor gemessenen abgeleitet – also berechnet – werden und auch als bestanden/nicht-bestanden-Kriterium dienen. „Informative“ Parameter dienen nicht der Bewertung einer Strecke, sondern liefern nur Informationen, die beispielsweise in Verbindung mit anderen relevanten Parametern Rückschlüsse auf Eigenheiten einer Strecke zulassen. Unterste Stufe sind „optionale“ Parameter, die fakultativ notwendig sein können.

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Die Matrix der Parameter von normativ bis optional.
Bild 1. Die Matrix der Parameter von normativ bis optional.
© Softing IT Networks

Normativ

Normative Parameter sind Messgrößen, deren Ermittlung zwingend erforderlich ist, um eine Aussage über die Einhaltung der elektrischen Grundparameter einer Datenübertragungsstrecke treffen zu können. Erreicht mindestens eine dieser Messgrößen nicht die im Standard beschriebenen erforderlichen Grenzwerte, gilt die gesamte Messung als nicht bestanden. Die Ursache gilt es dann zu erforschen. Zu den normativen Parametern gehören sowohl niederfrequente (NF), als auch hochfrequente (HF) Größen.

Prominentester Vertreter der NF-Parameter ist wohl die Ermittlung der Durchgängigkeit, also der Verdrahtung. Erst wenn die Verdrahtung in Ordnung ist, lohnt es sich mit weiteren Messungen fortzufahren. Zu den weiteren NF-Messungen gehören die Ermittlung der Signallaufzeiten der einzelnen Aderpaare (aus denen später der maximale Laufzeitunterschied berechnet wird) und die Messungen der Gleichstrom-Schleifenwiderstände der vier Paare.

Wobei diesem Parameter seit Einführung von PoE (Power over Ethernet), also der zusätzlichen Übertragung von Versorgungsspannung des angeschlossenen Endgeräts über die Datenleitung, immer mehr Aufmerksamkeit gebührt. Eventuelle hoch­ohmige Übergänge zwischen Kabel und Abschlusskomponenten oder in Steckverbindungen können zu großen ungewollten Verlustleistungen auf den Zuleitungen führen. Dies geht sogar mittlerweile soweit, dass man weitere Widerstandsparameter ermittelt, um noch mehr Daten zur Übertragungsqualität von Leistung zu erhalten. Mehr Details dazu sind bei den optionalen Messparametern beschrieben.

Bei den hochfrequenten normativen Parametern sind es im Wesentlichen drei Hauptgrößen, die ein Techniker messen muss: die Einfügedämpfung, um das Maß der Signalabschwächung auf einer Strecke zu ermitteln, als weitere Größe das ungewollte Nebensprechen zwischen den einzelnen Aderpaaren und der Parameter Rückflussdämpfung, also den Wert der Signalreflexion auf einem Aderpaar, als Maß der Homogenität der Impedanz entlang des Übertragungswegs.

Eine Besonderheit sind noch die Messparameter rund um das Thema „Alien Crosstalk“ (AXT), also hochfrequente Signaleinkopplungen, die Störungen in signalführenden Aderpaaren von außen herbeiführen. Diese Messungen sind zwar, sofern nicht abgeleitet oder berechnet, normativ, müssen jedoch nicht wie die zuvor genannten Parameter zu 100 Prozent gemessen werden, sondern nur stichprobenhaft. Solche Messungen sind mit einem relativ großen Aufwand verbunden. Außerdem hat sich herausgestellt, dass geschirmte Systeme bereits per Design die Grenzwerte meist problemlos erreichen. Sogar ungeschirmte Systeme mit speziell konstruierten Kabeln schaffen die Anforderungen mittlerweile. Die Summe der oben beschriebenen Fakten hat dazu geführt, dass AXT-Messungen faktisch nicht (mehr) im Feld stattfindem.


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