Sichere strukturierte Verkabelung

Nicht am falschen (Kabel-)Ende sparen

17. Februar 2006, 0:15 Uhr | Rainer Schmidt /jos Rainer Schmidt ist Product Manager Enterprise bei ADC Krone.

Je höher die Datenraten, desto wichtiger ist eine zuverlässige Basis: Elektrische Phänomene, die bei niedrigeren Frequenzen kaum Kopfzerbrechen bereiten, wachsen ab Gigabit-Übertragungsraten zu massiven Störquellen im Netzwerk heran, die nur schwer in den Griff zu bekommen sind. Viele unabhängige Experten und auch seriöse Hersteller raten daher beim Material zu hochwertiger und zertifizierter Markenware. Die Argumentation schließt auch die Patch-Kabel ein.

Kupferleitungen haben sich in der Etagenverkabelung durchgesetzt: Eine hohe Akzeptanz, günstige
Komponenten, von Haus aus mit passenden Schnittstellen ausgerüstete Endgeräte – zum Beispiel
Arbeitsplatzrechner, VoIP-Telefone und WLAN-Zugriffspunkte (Access Points) – sprechen ebenso für
die bewährte Technik wie die gegenüber Glasfasern viel höhere Robustheit. Außerdem sind
Installateure im Umgang mit den Kupferkabeln geübt.

Dennoch stoßen viele IT-Verantwortliche auch in diesem Bereich immer wieder auf ungeahnte
Hindernisse, oft genug wegen nicht standardkonformer Infrastrukturprodukte. Salopp ausgedrückt ist
nicht überall zum Beispiel Kategorie 6 drin, wo Kategorie 6 draufsteht. Im Gegenteil: Eine von zwei
großen Herstellern von Infrastrukturprodukten durchgeführte Feldstudie zeigt, dass schier
unglaubliche 83 Prozent von einigen hundert untersuchten Kategorie-6-Patch-Kabeln nicht die
Spezifikationen der Komponentenkategorie einhalten.

ADC Krone hat darüber hinaus nach eigenen Angaben zahlreiche handelsübliche vermeintlich
Kategorie-5(e)-konforme Patch-Kabel daraufhin untersucht, ob sie den Spezifikationen der
ISO/IEC-11801:2002- (EN 50173:2002) und TIA/EIA-568-B-Normen vollständig entsprechen. Diese Normen
legen die Eigenschaften des Übertragungssystems ("Channel"), der fest verlegten Kabelstrecke
(Permanent Link) und der Verkabelungskomponenten (Connecting Hardware) fest. Resultat: 56 Prozent
fielen durch den Test. Einige schafften nicht einmal die Durchgangsprüfung, waren also offenbar
falsch kontaktiert. Es ist leicht auszumalen, dass die Verwendung solcher Produkte zu Problemen im
Netzwerkbetrieb führt.

Schwachstelle Billig-Komponenten

Während mit dem Patch-Kabel nur das schwächste – weil am wenigsten beachtete Glied – am Pranger
steht, lassen sich die Ergebnisse durchaus auf das restliche Netzwerk übertragen. Viele Unternehmen
setzen nämlich auch an anderen Stellen der passiven Übertragungsstrecken minderwertige "No-Name"
-Komponenten ein, im Vertrauen auf deren deklarierte Kategorie- und Klassenzugehörigkeit. Die
Zukunftssicherheit einer solchen Installation ist jedoch ungewiss. Denn was bereits bei aktuellen
Leitungsgeschwindigkeiten bis 1 GBit zu Problemen führt – zum Beispiel Übersprechen, Einstreuungen
oder zu hohe Signaldämpfung – ist für die nächste Generation der Netzwerkübertragungstechnik, 10
Gigabit Ethernet, ein K.o.-Kriterium. Sie reagiert noch wesentlich empfindlicher auf Abweichungen
von elektrischen und mechanischen Parametern im gesamten Übertragungssystem.

Die mit den hohen Leitungsgeschwindigkeiten einher gehenden Signalfrequenzen – 10 Gigabit
Ethernet verlangt nach definierten Übertragungseigenschaften bis zu einer Grenzfrequenz von 500 MHz
– decken Mängel minderwertiger Produkte gnadenlos auf: Die Fehler reichen von Leistungs- und
Funktionseinschränkungen bis zum plötzlichen Totalausfall. Im Betrieb können auch sporadische
Fehler auftreten, die schwer zu lokalisieren sind und daher viel Ärger machen. Darüber hinaus
bereiten mechanische und elektrische Inkompatibilitäten erhebliche Probleme. Diese zeigen sich
meist erst, wenn das Netzwerk erweitert, auf- oder umgerüstet werden soll. Buchsen und Stecker
beispielsweise, die in der Anschaffung günstig waren, aber den Dauerbelastungen im harten
Netzwerkalltag nicht gewachsen sind, kosten im Nachhinein womöglich viel Geld.

Sparen am falschen Ende

Bei typischen Installationen in Großunternehmen liegt der Anteil der Verkabelungskosten an den gesamten Projektkosten meist deutlich unter zehn Prozent. Einen entsprechend geringen Stellenwert hat der Posten "Strukturierte Verkabelung" bei den Budgetverantwortlichen - ein großer Fehler, wie viele Experten meinen. Denn moderne und teure aktive Hochleistungsnetzwerkgeräte - und mit ihnen das gesamte Netzwerk - funktionieren nur richtig, wenn auch die passiven Komponenten mit den hohen Datenraten zurrecht kommen. Gerade weil die Infrastruktur nur einen geringen Teil der Projektgesamtkosten ausmacht, ist es wenig sinnvoll, ausgerechnet hier auf billige und möglicherweise unzuverlässige Komponenten zu setzen. Die Folgekosten - zum Beispiel, wenn geschäftswichtige Services ausfallen - sind schnell höher als die ursprüngliche Ersparnis.

Eine strukturierte Verkabelung hat tatsächlich einen viel höheren Anteil an den über das Netzwerk erbrachten Dienstleistungen, als es die Anschaffungskosten widerspiegeln. Sie ist das Rückgrat jeder Netzwerkinfrastruktur. Sie muss praktisch jederzeit verfügbar sein. Gleichzeitig ermöglicht die Personalsituation in vielen Unternehmen jedoch nur eine bedingte Marktrecherche und Qualitätskontrolle, wenn beispielsweise der Ausbau eines Netzwerks geplant ist.

Die Marktsituation macht die Lage nicht einfacher: Auf den Markt drängen immer mehr Produzenten - besonders aus Fernost, die augenscheinlich vergleichbare, angeblich standardkonforme Infrastrukturprodukte zu viel günstigeren Preisen als die etablierten Hersteller anbieten. Der Preisdruck nimmt zu. Viele Unternehmen fragen sich, warum sie mehr Geld für dem Anschein nach gleichwertige Produkte ausgeben sollen. Die Antwort ist einfach und lautet: Für die Sicherheit, dass das Netzwerk auch nach Jahren noch fehlerfrei läuft - ohne Folgekosten. Dies können nur qualitativ hochwertige und langzeitstabile Komponenten garantieren.

Erfahrungen von Infrastrukturausstattern aus Begutachtungen zahlreicher installierter Anlagen machen deutlich: Trotz vermeintlicher Normkonformität und oftmals sogar gleicher Verkaufsbezeichnung bestehen erhebliche Qualitätsunterschiede zwischen den Produkten verschiedener Hersteller. Oft halten Produkte normative Vorgaben nicht ein, obwohl sie über ihre Bezeichnung damit werben.

Sicherheit durch zertifizierte Herstellung

Wie lässt sich nun sicherstellen, dass eine geplante Neuverkabelung oder Netzwerkerweiterung
tatsächlich ausreichend Reserven bietet? Etwa um 10 Gigabit Ethernet sicher darauf zu betreiben?
Lässt sich garantieren, dass alle Komponenten die nötigen elektrischen Grenzwerte einhalten? Der
Zeitaufwand zum Finden der richtigen Komponenten ist enorm. Wie lässt er sich verkürzen? Wie sieht
es mit der Langzeitstabilität aus? Wer garantiert, dass die Installation auch noch in zehn bis 15
Jahren einwandfrei funktioniert?

Langfristig denkende Unternehmen tun gut daran, trotz des vermeintlich geringen Stellenwerts bei
der strukturierten Verkabelung auf hochwertige Qualitätskomponenten zu setzen. Lässt die
Personalsituation im Unternehmen eigene Recherchen und Evaluierungen nicht zu, bietet sich die
Zusammenarbeit mit unabhängigen Beratern oder Laboren an, etwa der GHMT (Gesellschaft für
Hochfrequenz-Messtechnik). Das akkreditierte Prüflabor für Kupfer- und LWL-Produkte schafft mit
seiner GHMT-Zertifizierung oder mit dem GHMT-Premium-Verification-Program (PVP) Vertrauen.

Komponenten der Kategorie 6 werden nach dem so genannten De-embedded-Prüfverfahren untersucht.
Diese in der TIA/EIA-568-B-2.1 vorgeschriebene Testmethode beschreibt im Wesentlichen eine
Subtraktionsmethode, die es erlaubt, Messwerte auf ein einzelnes Bauteil zu beziehen, also auf die
Buchse oder den Stecker. In der Norm ist neben den Grenzwerten auch der Messaufbau der
De-embedded-Prüfung festgelegt: Er besteht in erster Linie aus metallisierten Kunststoffpyramiden,
ungeschirmten Erstprüflingen (Stecker oder Buchse) und mehreren Sätzen von Teststeckern. Die erste
Pyramide stellt den Anschluss des Testobjekts – zum Beispiel einer Buchse – an die Messgeräte
sicher. Von den IDC-Kontakten aus (den Kabelanschlüssen) werden über so genannte Baluns die
Eingänge des Analyzers beschaltet. In die Buchse muss nun ein zuvor zertifizierter Teststecker
eingesteckt werden, der wiederum über eine zweite Pyramide mit Abschlusswiderständen
beziehungsweise einem weiteren Analyzer gekoppelt ist.

Mit diesem Messaufbau lassen sich die wichtigsten elektrischen Parameter des Prüflings
bestimmen. Dazu zählen Nahnebensprechdämpfung (NEXT, Near End Crosstalk), Fernnebensprechdämpfung
(FEXT, Far End Crosstalk), Einfügedämpfung (Insertion Loss), Reflektionsdämpfung (RL, Return Loss)
und weitere. Da das Verfahren ebenso komplex wie empfindlich ist, kommen für die Zertifizierung von
Kategorie-6-Komponenten hochgenaue Labormessgeräte zum Einsatz. Durch die definierten
Randbedingungen ist es möglich, Connecting-Hardware zu messen und zu qualifizieren. So lässt sich
sicherstellen, dass auch Komponenten verschiedener Hersteller sicher zusammenarbeiten ("
Mix-and-Match"-Systeme) – ein großer Vorteil gegenüber ausschließlich in sich geschlossenen,
herstellerspezifischen Übertragungssystemen. Gerade bei der Komplettierung der Systeme mit
Patch-Kabeln ist dies ein wichtiger Punkt.

Bei der GHMT-Zertifizierung lassen Hersteller Typmuster prüfen. Sie sind selbst für die
Übereinstimmung der seriengefertigten Produkte mit den Typmustern verantwortlich. Basis für die
eigenverantwortliche Erklärung sind Qualitätssicherungsstandards der Hersteller, zum Beispiel eine
ISO9001-Zertifizierung. Seit 1992 hat die GHMT über 1500 Zertifizierungen für Links, Channel und
Komponenten durchgeführt.

Unabhängige Qualitätsüberwachung

Einen großen Schritt weiter geht das "Premium Verification Program" (PVP) der GHMT. Auf Basis
einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Hersteller und GHMT wird ein Audit mit einer
Erstzertifizierung ausgesuchter Produkte durchgeführt. Weitere Re-Zertifizierungen folgen in
unregelmäßigen Abständen zwischen drei und sechs Monaten. Die GHMT erhält jederzeit die
Möglichkeit, Proben im Lager, in der Fertigung oder bei Resellern zu nehmen. Auch OEM-Produkte
werden in die Probenentnahme einbezogen. Auf der GHMT-Homepage www.ghmt.de lässt sich jederzeit
einsehen, welche Produkte eines Herstellers seit wann zertifiziert sind und welchen Status sie
aktuell haben.

Der erste Hersteller, der Kategorie-6-Produkte extern testen und zertifizieren ließ, war nach
eigenen Angaben ADC Krone. Das Unternehmen bietet bislang drei PVP-zertifizierte Produkte an: "
KAT7+"-Kabel bis 900 MHz, die KM8-RJ45-Buchse und die KM8-Verbindungsschnur (konfektioniertes
Patch-Kabel). Darüber hinaus fertigt das Unternehmen sämtliche Produkte der KM8-Familie mit dem so
genannten Laser-Trimming: Per Laser werden die Platinen am Ende der Fertigung auf optimale
Übertragungseigenschaften getrimmt. Diese Serienprüfung garantiert eine äußerst geringe Streuung
der elektrischen Parameter. Auch dies wird von der GHMT bestätigt. Ein KM8-Channel erfüllt bereits
heute alle Anforderungen eines 10GBase-T-Systems.

Das Premium-Verification-Programm ist transparent für alle Marktteilnehmer und genießt dadurch
national und international eine hohe Akzeptanz.

Doch nicht nur die externe Qualitätsüberwachung bietet Unternehmenskunden entscheidende Vorteile
– bei Infrastrukturverkabelungen greift zudem der Gesamtlösungsansatz. Viele Komponentenhersteller
bieten nicht nur Einzelprodukte an, sondern integrieren sie in umfassende Lösungspakete, die auch
Garantieprogramme, Schulungen und weitere Leistungen umfassen. Unternehmenskunden profitieren von
einem solchen Gesamtlösungskonzept, von der GHMT-Zertifizierung und vom
Premium-Verification-Programm in mehrfacher Hinsicht: Sie erhalten die Sicherheit, Produkte ständig
in gleich bleibend hoher Qualität beziehen zu können. Zusätzliche Kosten für Qualitätsprüfungen
entfallen. Außerdem müssen sie mit wenigeren Ansprechpartnern zusammenarbeiten, was wiederum
Abläufe vereinfacht und somit erneut Sparpotenzial eröffnet.

Als nächsten Schritt zur Erhöhung von Qualität und Sicherheit will ADC Krone zusammen mit der
Einführung seines Truenet-Programms ein Schulungs- und Zertifizierungsprogramm für
Systemintegratoren und Installateure einführen. Ziel des Programms ist, die hohen
Qualitätsstandards für die Hardware auch auf Planung und Installation auszuweiten.


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