Erfolgreiche Migration auf IP-Telefonie

Quality of Service ohne Kompromisse

19. Oktober 2006, 22:00 Uhr | Jürgen Magiera/pf Jürgen Magiera ist Pre-Sales Manager Enterprise Systems Management bei CA in Darmstadt.

Voice over IP verspricht große Kosteneinsparungen durch die Konvergenz von Sprach- und Datenübertragung. Doch dieses Versprechen lässt sich nur dann einlösen, wenn die vorhandene IT-Infrastruktur adäquat konfiguriert und gesteuert ist. Voraussetzung dafür sind aussagekräftige Messdaten, die den IT-Administratoren ein zielgerichtetes Arbeiten über sämtliche Phasen der Migration auf VoIP erlauben - von der Planung über die Installation und Tests bis hin zu Betrieb und Ausbau des Netzwerks.

Über Konvergenz wird schon lange gesprochen, der Durchbruch für Voice over IP (VoIP) in
Unternehmensnetzen kommt aber erst jetzt, nachdem über zehn Jahre hinweg mehr oder weniger intensiv
damit experimentiert wurde. Dies liegt auch daran, dass in der Vergangenheit die Technik noch nicht
ausgereift war, um die nötige Qualität der Sprachübertragung über die Datennetze zu garantieren.
Sporadische Aussetzer, unverständliche Passagen oder gar eine völlige Unterbrechung der Verbindung
waren die unerfreuliche Konsequenz – und inakzeptabel in der Geschäftswelt.

Management von Anfang bis Ende

Dies hat sich inzwischen grundlegend geändert. Heute sind nicht nur höhere Bandbreiten
kostengünstig verfügbar, sondern auch innovative VoIP-Verfahren und ausgefeilte
Managementtechniken. Mit deren Hilfe können Administratoren in ihrem Firmennetz auch
standortübergreifend für die angemessene Sprachqualität sorgen. So kommen zum Beispiel
Netzwerkkomponenten zum Einsatz mit integrierten Funktionen zur Sicherstellung der Quality of
Service (QoS), die den IP-Telefonieverkehr zuverlässig identifizieren und diesem die bestmögliche
Performance und Qualität innerhalb des Netzes zuweisen.

Solche Features sind insbesondere dann sehr leistungsfähig, wenn im Wide Area Network
Sprachkompressionstechniken gezielt eingesetzt werden. Diese bewirken eine deutliche Erweiterung
der Bandbreite für alle Applikationen und damit automatisch eine Qualitätssteigerung für die
Sprachübertragung bei VoIP-Anwendungen. Deren Qualität hängt von verschiedenen Faktoren ab: neben
der Bandbreite auch von der unterbrechungsfreien Verfügbarkeit des IP-Netzwerks, dem
Antwortzeitverhalten, den Varianzen in der Übertragungszeit und vom ungestörten Zusammenspiel der
Netzwerkkomponenten – kurzum von der Performance des Netzwerks. Diese lässt sich nur durch ein
konsequentes Netzwerkmanagement und eine gezielte Steuerung des IP-Verkehrs sicherstellen.

Da es sich bei der IP-Telefonie – anders als bei File-Transfers, Messaging und anderen
Datenübertragungen – um eine Echtzeitanwendung handelt, wachsen die Anforderungen an das
IT-Management. Themen wie Priorisierung von Datenpaketen und Failover-Konzepte spielen eine
entscheidende Rolle – und in dem Zusammenhang auch die Messung aller relevanten Charakteristika des
Verhaltens von Netzwerk und Anwendungen. Diese Messdaten bilden dann die Basis für Planung, Betrieb
und Tuning des Netzwerks – und für die Automation vieler Arbeiten in der IT-Administration.

Gefragt ist deshalb beim Umstieg auf IP-Telefonie eine Migrationsstrategie für das Netzwerk und
dessen Management mit dem Ziel, trotz zusätzlicher Applikationen und neuer Anforderungen das
IT-Management zu vereinheitlichen und somit auch zu vereinfachen. Dies kann mit Unterstützung einer
integrierten Suite für das Netzwerkmanagement gelingen, die sowohl den Echtzeitanforderungen der
Sprachübertragung Rechnung trägt als auch verhindert, dass sich der Netzwerkservice für die
Datenübertragung verschlechtert.

Dazu sind Mechanismen für die Steuerung und Kontrolle aller Netzwerkkomponenten wie Hubs,
Router, Gateways und Switches – in der Regel von verschiedenen Herstellern – erforderlich. Diese
Mechanismen stellen dem VoIP-Verkehr, den die Endgeräte erzeugen, die erforderliche Bandbreite in
der entsprechenden Qualität bereit, sodass alle Anwender in den Genuss qualitativ hochwertiger
IP-Telefonate kommen. Auf diese Weise lassen sich bestehende IP-Netzwerke zu
Multimedia-Transportnetzen transformieren, da der gesamte VoIP-Verkehr die erforderliche Bandbreite
erhält.

Migration in vier Schritten

Eine erfolgreiche Transformation dieser Art läuft immer in vier Phasen ab. Sie beginnt mit einem
Assessment des vorhandenen IP-Netzes. Nach dieser Bewertung der Konfiguration auf ihre
VoIP-Fähigkeit hin folgt die Aufrüstung beziehungsweise ein Austausch unzureichender
Netzwerkkomponenten, um durchgängig die erforderliche Bandbreite und die nötigen QoS-Funktionen zur
Verfügung zu haben.

Die dritte Phase besteht in der Implementierung der VoIP-Lösung, ihrem Test und ihrer
schrittweisen Inbetriebnahme. Dank einer kontinuierlichen Überwachung kann bei etwaigen
Qualitätsabweichungen sofort reagiert werden, zum Beispiel durch Konfigurationsanpassungen,
Lastverschiebungen innerhalb des Netzwerks oder Upgrades von Netzwerkkomponenten, die sich als
Engpass erweisen.

Gezielte Simulationen des Netzwerkverhaltens unter Grenzwertbelastungen und eine methodische
Analyse der Überwachungsergebnisse beschleunigen die Implementierung, da die Administratoren
mögliche Schwachstellen schon im Vorfeld beseitigen können, bevor sie zu Störungen führen. Dafür
sind am Markt Lösungen erhältlich, die aus den Simulations- und Überwachungsergebnissen ableiten,
wo genau im Netz Störquellen liegen oder Bandbreiten zu erweitern sind.

Am Ende der Einführung steht als vierte Phase die proaktive Überwachung und Steuerung der
VoIP-Lösung im laufenden Betrieb. Dafür existieren auf dem Markt Monitoring- und Management-Tools
zur Verifikation und Feineinstellung der Performance der IT rund um das VoIP-System. Diese Lösungen
sammeln Daten, die sich zu einem Echtzeitstatusreport über den Zustand der Sprachübertragung
verdichten lassen, aber auch in eine übergreifende IT-Management-Suite einfließen können
beziehungsweise selbst Teil einer übergreifenden IT-Managementlösung sind. Dort kann zum Beispiel
ein QoS-Modul oder ein Service-Level-Managementmodul automatisiert dafür sorgen, dass die
vereinbarten Service Levels beziehungsweise Qualitätsmerkmale eingehalten werden – und zwar aus
ganzheitlicher Sicht, sowohl komponenten- als auch anwendungsübergreifend.

Eingebettete VoIP-Lösung

Die Einbettung der VoIP-Lösung in eine Komplettsuite für das System- und Netzwerkmanagement hat
einen weiteren Vorteil gegenüber spezialisierten Einzelprogrammen: Die Tools und Module einer Suite
lassen sich über alle vier Phasen der VoIP-Migrationen von der Evaluierung über die Installation
bis zum Betrieb verwenden, wobei die Schwerpunkte der Anwendung je nach Phase sehr unterschiedlich
sein können. Einig sind sich die Experten darin, dass für das Management von VoIP-Lösungen drei
Funktionen besonders wichtig sind:

End-to-End-Monitoring,

Beobachtung und Steuerung der Quality of Service sowie

Performance-Management von Applikationen und Services.

Hilfreich sein können spezielle VoIP-Features einer integrierten System- und
Netzwerkmanagementlösung schon beim Assessment des IP-Netzes, das der Einführung einer VoIP-Lösung
unbedingt vorausgehen sollte. Denn im Vergleich zu den öffentlichen Telefonnetzen sind heutige
IP-Netze immer noch vergleichsweise unzuverlässig und schwankend in ihrer Performance. Außerdem
bringt die Paketvermittlung als Übertragungsverfahren im Vergleich zur Leitungsvermittlung in der
klassischen Telefonie ganz neue Fehlerquellen mit sich, die es im Vorfeld auszuräumen gilt.

Assessment unumgänglich

Das Assessment ermittelt die für IP-Telefonie relevanten Eigenschaften wie
Übertragungsverzögerung (Latency), Jitter (Taktzittern bei der Übertragung von Digitalsignalen),
Auslastung oder Verfügbarkeit aller vorhandenen IT-Komponenten. Die Analyse und Bewertung des
Datennetzwerks kann mithilfe einer Performance-Managementlösung erfolgen, die das Verhalten aller
Netzwerk-, IT- und Sprachsysteme misst und daraus Profile der zu erwartenden Sprachqualität
erzeugt. Da diese ein subjektives Empfinden ist, werden hier objektive Maßstäbe wie der MOS-Wert
angelegt, (MOS: Mean Opinion Score – Bewertungsskala für die Qualität von Sprach- und
Bildübertragungen).

Damit es genügend Aussagekraft besitzt, muss das Assessment das gesamte Netz betrachten, das
einen Anruf transportiert. Schon eine einzige Unterbrechung oder die Störung an einer beliebigen
Stelle können ein Telefonat empfindlich beeinträchtigen. Dabei ist entscheidend, dass alle
Komponenten passend für die zu erwartende Nutzung dimensioniert sind, denn die genannten
Eigenschaften ändern sich mit wachsender Belastung – oft schlagartig.

Der Aufwand für ein Assessment lässt sich nicht einfach dadurch vermeiden, dass "mehr als genug"
Bandbreite bereitgestellt wird. Letzteres ist ein Irrglaube, der nicht nur teuer zu stehen kommt,
sondern auch riskant werden kann. Der Ansatz mag zwar anfänglich funktionieren, wird aber mit
wachsender Nutzung der IP-Telefonie und des Netzwerks zwangsläufig aus der Unkenntnis des
Netzwerkverhaltens zu überraschenden Problemen führen.

Solche Probleme lassen sich umgehen, indem für das Assessment eine Netzwerkmanagementlösung zum
Einsatz kommt, die nicht nur auf die besonderen Anforderungen einer VoIP-Anwendung hin
zugeschnitten beziehungsweise erweitert wurde, sondern auch alle nachfolgenden Umsetzungs- und
Produktivphasen der VoIP-Migration unterstützt. Dann ist das IT-Team auch nicht gezwungen, für das
Assessment spezielle Tools anzuschaffen und zu installieren, in die sich Administratoren erneut
aufwändig einarbeiten müssten.

End-to-End-Monitoring

Entscheidend für eine erfolgreiche Einführung von VoIP-Lösungen ist aber auch, das Netzwerk als
einen "End-to-End-Service? zu begreifen. Um im Tagesbetrieb eine zuverlässige Sprachübertragung
sicherzustellen, ist eine proaktive Echtzeit-nahe Überwachung aller VoIP-Anwendungen unumgänglich.
Denn die Ermittlung der Sprachqualität aus den Performance-Kennzahlen der involvierten
Netzwerkkomponenten wäre zu aufwändig und daher kaum eine praktikable Alternative. Bei größeren
Anwendungen ist daher der Einsatz eines "Voice Quality Managers? zur End-to-End-Überwachung und
weiterer Tools für eine intelligente Ursachenanalyse hilfreich, die aufzeigen, wo die Wurzel eines
Problems liegen könnte.

Solche Tools für Root-Cause-Analysis und End-to-End-Monitoring sind zugleich für Test- und
Planungszwecke nützlich. Beispielsweise kann der Administrator mit einem Lastgenerator eine
Sprach-Grundlast auf das Netz bringen und damit eine bestimmte Netzstrecke testen. Solche
Belastungstests lassen sich später auch kombinieren und so das gesamte Voice-Netz bei verträglicher
Last mit End-to-End-Tests abdecken.

Auf Grundlage der Messergebnisse ermitteln die Tools dann Eigenschaften wie den Mean Opinion
Score. Die Messergebnisse können aber auch als Basis für weiterführende Simulationsexperimente, für
ein Re-Engineering des Netzes oder für Veränderungen in der Wegeführung der Sprachübertragung
dienen.

Telefongespräche: Quality of Service

Nach Assessment und Re-Engineering ist das konvergente Netz in der Lage, Telefongespräche in der
geforderten Qualität zu transportieren. Allerdings muss es dazu konsequent kontrolliert und
gesteuert werden, am besten über QoS-Mechanismen. Denn ein IP-Netzwerk ist eine dynamische, von
vielen Anwendungen und Benutzern gemeinsam genutzte Ressource mit endlicher Bandbreite. Sprach- und
Datenübertragung sowie andere Services konkurrieren um diese begrenzte Ressource, was eine
übergeordnete Instanz für die Zuordnung sinnvoll macht.

QoS-Mechanismen können unterschiedliche Typen des IP-Netzverkehrs gemäß ihren Mengen- und
Qualitätsanforderungen steuern – und das im Kontext eines einzigen, konvergenten Netzwerks. Dabei
gilt: Erforderlich dafür ist die Unterstützung dieser wichtigen Funktion in den VoIP-relevanten
Netzwerkkomponenten.

Dieses Vorgehen vermeidet die Probleme, die durch eine dedizierte Zuordnung von Ressourcen für
die Sprachübertragung entstehen: Wenn zum Beispiel die Ressourcen für die Sprachübertragung
ausfallen, wäre eine Umleitung über die für Datenübertragung reservierten Komponenten nur mit
einigem Aufwand möglich.

Anders ist dies, wenn der QoS-Mechanismus gewissermaßen den Schiedsrichter spielt, der alle
vorhandenen Ressourcen des konvergenten Netzes den Verkehrstypen gemäß ihrer Serviceklasse
zuordnet. Diese Serviceklassen werden vom Netzwerkadministrator definiert, mit bestimmten
QoS-Metriken versehen und dann gemäß der Service Level Agreements (SLAs) für jede Klasse gesteuert.
Das geschieht automatisch, wobei die zugrunde liegenden Policies mit wachsender Erfahrung im
Netzwerkbetrieb sowie mit Änderungen der Serviceklassen oder der Netzwerkbelastung angepasst werden
(müssen).

Performance-Management des VoIP-Services

Dieser Feinschliff nach der Installation erfolgt aufgrund der Berichte aus dem
Performance-Management des VoIP-Services. Hier reicht, wie erwähnt, das klassische,
komponentenorientierte Monitoring der Netzwerkkomponenten und -verbindungen nicht mehr aus, da
damit Probleme bei der Sprachqualität oder Serviceverfügbarkeit nicht schnell genug erkannt und
behoben werden können.

Vielmehr ist die genaue Kenntnis des Zusammenspiels der zahlreichen Komponenten entscheidend –
und eine Echtzeiterkennung und -alarmierung bei Engpässen oder Schwachstellen sowie ihre möglichst
automatisierte Beseitigung. Zusätzlichen Mehrwert bieten Lösungen, die proaktiv auf Schwachstellen
hinweisen und so erheblich die Verfügbarkeit und Servicequalität steigern.


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