BYOD, CYOD und das Internet der Dinge

Vernetzung mit LWL, Kupfer und WLAN

14. Juni 2016, 6:00 Uhr | Jan-Wilem Hendriks und Ken Hodge, bei Brand Rex tätig, www.brand-rex.com./jos

Die Art und Weise, wie Menschen mit Informationen und den dazu nötigen Systemen umgehen, ändert sich im Moment rasant. Anwender nutzen nicht nur mehr mobile Endgeräte denn je, auch das Internet der Dinge verspricht, mehrere Milliarden neuer Endgeräte in die Welt der Netzwerke einzubringen.

Nach Einschätzung vieler Experten werden die Anforderung, die die großen Datenvolumen des Internets der Dinge mit sich bringen, radikale Änderungen der IT-Infrastruktur von Unternehmen und Rechenzentren nach sich ziehen. Gemäß einer Prognose von Cisco Global wird der IP-Traffic mobiler und fest installierter Netzwerke ein jährliches Volumen von 1,4 Zettabytes im Jahr 2017 erreichen. Cisco prognostiziert auch, dass WLAN-gebundene und mobil-verbundene Endgeräte 2017 zwei Drittel des Traffics ausmachen werden. Einige dieser aktuellen Entwicklungen gehen einher mit der Einführung des erweiterten WLAN-Standards IEEE 802.11ac, also auf den Bedarf an 10 GBit/s für horizontale Netzwerke und auf die Auswahl der passenden Netzwerkverkabelung.
 
BYOD und CYOD
Seit Jahren ist vom Wunsch der Mitarbeiter und Verbraucher zu lesen, eigene Endgeräte (BYOD, Bring Your Own Device) mit an den Arbeitsplatz, in die Bibliothek, in Behörden und an andere Orte zu nehmen und dort Zugang zu Informationen und Anwendungen des Betriebsnetzwerks zu erhalten sowie mit diesen zu arbeiten. Dies führt zu vielfältigen Herausforderungen für IT-Abteilungen, da Endgeräte damit nun unkontrolliert Zugriff auf früher isolierte und geschützte Netzwerke haben. Viele Netzwerk-Manager kennen diese Thematik und müssen sich bereits mit ihr auseinandersetzen.
Viele Unternehmen haben sich deshalb dafür entschieden, CYOD (Choose Your Own Device) anstelle von BYOD anzuwenden. Dabei bietet das Unternehmen seinen Mitarbeitern eine große Auswahl an Smartphones, Tablets und Laptops an und lässt ihnen die Freiheit, zu entscheiden, ob sie mit Iphone, Blackberry, HTC etc. oder zum Beispiel mit einem Macbook anstelle eines Windows-Laptops arbeiten wollen. Der Vorteil für die IT-Abteilung besteht darin, dass sie - obwohl sie nun dutzende anstatt einige wenige Plattformen unterstützen müssen - tatsächlich noch die Kontrolle aus Sicherheitssicht behalten.
Auch ganz unabhängig vom Sicherheitsaspekt scheint die Umstellung auf BYOD/CYOD unaufhaltbar. Netzwerk-Manager stehen vor der neuen Herausforderung, Vorsorge für eine ausreichende WLAN- und Backbone-Kapazität zur Unterstützung des zusätzlichen Traffics zu treffen. Viele Anwender haben zudem Highspeed-Breitband und ein schnelles WLAN zu Hause und empfinden folglich die Verbindungen am Arbeitsplatz als frustrierend langsam und beschweren sich dementsprechend.
Obwohl die neue 802.11ac-Norm die Lösung zu sein scheint, reicht es womöglich nicht aus, einfach nur die WLAN-Zugangspunkte für diesem neuen schnellen Standard aufzurüsten. Die Netzwerker müssen vielmehr sowohl den Backhaul-Link als auch die Backbone-Struktur berücksichtigen.
 
IoT
Alle Anwender sind mit einem Internet vertraut, in dem im Allgemeinen von Menschen bediente Endgeräte wie PCs, Notebooks, Tablets und Smartphones mit Remote-Servern, Speicher und Video-Streaming-Servern verbunden sind. Mittlerweile sind jedoch auch vielfältige Diskussionen um die Kommunikation zwischen Maschinen (M2M) über das Internet entfacht. Dabei verspricht das Internet der Dinge, das bislang bekannte Internet massiv aufzublähen: mit der Einbindung so genannter "Smart Devices? wie tragbarer oder implantierbarer Herz- oder Atmungsmonitore, implantierter Biochips in Nutztieren oder jegliche andere Art tragbarer oder implantierbarer Endgeräte. Hinzu kommen intelligente Kühlschränke, Zentralheizungen und fernsteuerbare Beleuchtungssysteme, von denen so oft zu lesen ist. Alle diese Anwendungen werden künftig über das Internet kommunizieren.
In den Unternehmen sind dann neben der ohnehin für die genannten Endgeräte notwendigen WLAN-Infrastruktur auch alle Arten der installierten Systeme (etwa Sicherheitssysteme und Gebäudeautomation) mit IoT-Sensoren oder Aktuatoren ausgestattet. Lichtschalter und in Decken eingebaute Beleuchtungssteuerungen, Klima-anlagen, Sonnenschutz- und Jalousiesteuerungen, Türverriegelungen, Karten-, Fingerabdruck- und Irisscanner. Möglicherweise wird jede Steuerung, jedes Ventil und jeder Aktuator in den Gebäuden auf diese Weise kommunizieren müssen.
Im Handel, als weiteres Beispiel, werden alle Lagerteile mit RFID-Transpondern ausgestattet sein. Verkaufsregale werden über IP-basierende RFID-Lesegeräte verfügen, die ihre Füllstände in Echtzeit an Server in Back-Offices melden. Kunden und Mitarbeiter finden problemlos das gesuchte Produkt in der gesuchten Farbe mithilfe ihrer privaten mobilen Endgeräte - oder in manchen Fällen womöglich auch durch intelligente Ladendisplays.
Gartner prognostiziert 26 Milliarden IoT-Geräte im Jahr 2020. ABI, ein weiteres Marktforschungsinstitut, prophezeit, dass 30 Milliarden IoT-Geräte via WLAN verbunden sein werden. Das französische Forschungsinstitut JB Weldnert schätzt, dass auf jeden Menschen in einer urbanen Umgebung 1.000 bis 5.000 "Trackable Objects" kommen und damit 50 bis 100 Billionen smarte Objekte im IoT sein werden.
 
Änderung der Spielregeln - 802.11ac
Die neue 802.11ac-WLAN-Norm ist hinreichend stabil, und aktuelle Produkte sind auf dem Markt verfügbar. Im Vergleich mit der derzeit verbreiteten 802.11n-Variante stechen der 5-GHz-Frequenzbereich und die größere Bandbreiten hervor. Die Branche erwartet, dass 802.11ac sehr schnell 802.11n und die Vorläufer in Geschäfts- und Unternehmensumgebungen ersetzen wird. Vertreter der Branche gehen zudem davon aus, dass private WLAN-Home-Anwendungen in den zahlreichen Ländern mit Fibre-to-the-Home-Breitband diese Technik aufgreifen und somit zu einem Produktionsvolumen beitragen, das 802.11ac wirtschaftlich für Unternehmensanwendungen macht. Zur Erinnerung: 802.11ac wurde stufenweise genormt: Die erste Stufe mit dem Namen Wave 1 hat eine maximale Bandbreite von 1,3 GBit/s, Wave 2 wird 3.5 GBit/s leisten können, und weitere Waves könnten bis zu 7 GBit/s erreichen.
Für jeden Netzwerkspezialisten ist damit offensichtlich, dass die 1,0 GBit/s der Kategorie 5e und Kategorie 6 nicht ausreichen um 802.11ac WLAN zu unterstützen. Tatsächlich kommt nur Kategorie 6A mit 10-GBit/s oder eine 10 GBit/s-Faser infrage. Dies spiegeln auch die jüngsten Aussagen von Normungsgremien wider, die Kategorie 6A als Mindestanforderung für den Einsatz von WLAN-Zugangspunkten (Access Points) empfehlen.
Ein weiterer kritischer Faktor ist, dass sich beim Erreichen größerer Bandbreiten die Flächenabdeckung der Geräte signifikant verringert: 1,3 GBit/s ist für einen Radius von fünf Metern verfügbar und 1 GBit/s für einen 10m-Radius. Dies deutet darauf hin, dass 802.11ac-APs in einem Raster von zehn Metern installiert werden sollten. Erstaunlicherweise wird damit WLAN als Technik, die als Todesurteil der strukturierten Verkabelung galt, nun die Killer-Applikation, die die 10-GBit/s-Vernetzung in horizontalen Netzwerken erheblich vorantreibt.
Die Zusammenführung von Netzwerken beflügelt so den Bedarf an strukturierten Deckenverkabelungen. Ethernet oder Ethernet mit PoE (Power over Ethernet) ist in diesem Bereich bereits erforderlich für IP-CCTV, Beleuchtungssteuerungen, Klimaanlagenregelungen, Temperatur- und Luftfeuchtigkeitssensoren, Sonnenschutz- und Jalousiesteuerungen und weitere Gebäudeautomations- und sicherheitsrelevante Geräte. Bestehende WLAN-Zugangspunkte benötigen PoE-Verbindungen auf Deckenhöhe, und die Nachfrage nach derartigen Dosen wird mit der unvermeidbaren Einführung von 802.11ac-WLAN-Zugängen in engmaschigen Netzwerken schnell steigen. Konsequenz für Installateure: Die Hauptanforderung in einem solchen Netzwerk ist der Wechsel vom Boden zur Decke.
In Decken verbaute Kabelstrukturen basieren im Wesentlichen auf Consolidation Points (CPs). Die TIA-4966 schlägt vor, 24-Port-Consolidation-Points (Verteilerfelder) in einem 13-Meter-Raster in den Decken zu verbauen und davon zwölf Ports zu belegen und die anderen als Ersatz oder Erweiterung bereit zu halten, um dem etwaigen Wachstum gerecht werden zu können. Normungsgremien von ISO/IEC und TIA haben erst vor Kurzem zwölf Meter beziehungsweise 18 Meter als Raster für WLAN-Zugangsdosen mit noch höheren Dichten für wachsende Netzbelegungen empfohlen,
 
FTTC
Kann die Lösung FTTC (Fibre to the Ceiling) lauten? Die Möglichkeit besteht tatsächlich: ein Faserpaar, von den Consolidation Points aus gespeist, und ein Glasfaser-Kupfer-Switch, der lokal versorgt wird und so PoE für die angeschlossenen Endgeräte bietet. Eine solche Netzwerkstrategie könnte die Probleme der Überhitzung großer Kabelbündel lösen, in denen hohe elektrische Ströme für PoE+-Endgeräte fließen. Sie würden durch Glasfaser-Technik ersetzt. Die Stromversorgung wäre nur ab dem Switch allein durch die am Gerät befindlichen Netzkabel zu gewährleisten. Die Verwendung sogenannter Managed-Switches erlaubt dann sogar die Überwachung des Zustands sowie das direkte Reporting an das Netzwerkteam.
Einblasfaserlösungen schaffen die Möglichkeit, innerhalb von Minuten zu den aktuellsten Fasertypen zu migrieren - sie schaffen so einen einfachen Übergang von 10-GBit/s- zu 40- oder 100-GBit/s-Faser-Backhaul, wenn erhöhte Kapazitäten nötig sind. Ein großer Vorteil dabei ist die Möglichkeit, die alte Faser nach der Migration zum Recyceln herauszublasen. Es kommt dabei zu keiner Betriebsstörung im Gebäude, da der Zugang nur an den Faserendpunkten nötig ist.
 
PoE-Erwägungen
Obwohl 802.11ac-Wireless-Chipsätze als viel effizienter als vorangegangene Generationen gelten, führen sie real viel komplexere Prozesse aus. Sie müssen Daten von multiplen räumlichen Verbindungen kombinieren - drei Links für 1,3 GBit/s bei Wave 1 und bis zu acht Links in möglichen zukünftigen Implementierungen. Die Folge davon ist, dass der aktuelle Energiebedarf pro AP über dem grundsätzlichen PoE-Schwellenwert von 13 Watt liegt und stattdessen PoE+ mit seinen 30 Watt Leistungsfähigkeit zum Einsatz kommen muss. Der Energiebedarf wird weiter steigen, sobald das vierpaarige PoE durch die IEEE-P802.3bt-Arbeitsgruppe finalisiert und bestätigt wird.
Verschiedene Spezialisten warnten bereits vor den Leistungsverlusten innerhalb der Kabelleiter, wenn es beim Einschalten von PoE+-Geräten zu erheblichen Temperatursteigerungen kommt, vor allem bei mehreren Hochleistungskabeln im gleichen Bündel. Sie empfehlen Anwendern ein zuverlässiges Kabel mit hoher Wärmeleitfähigkeit für die Consolidation Points in Decken bis hin zu den Access-Point-Patch-Kabeln. Der Temperaturanstieg in den Leitern führt zu einer erhöhten Einfügedämpfung der Kabel (vier Prozent für 10°C Temperaturerhöhung) und kann bei der Verwendung von Kabeln und Steckern mit geringer Qualität zu Datenstörungen mit signifikanten Rückübertragungen führen und somit zur einer stark verlangsamten Verbindungsgeschwindigkeit.
Um sicherzustellen, dass die Kabel und Stecker der unvermeidlichen Biegungen standhalten, die bei Anschluss und Entfernung von Hochleistungs-PoE+-Equipment auftreten, ist es empfehlenswert, Produkte von namhaften Herstellern zu verwenden. Die Praxis zeigt, dass die Verwendung von billigen und häufig nicht der Norm entsprechenden Patch-Kabeln zwangsläufig zu Problemen führt.
 
Fazit: Anschlussdosen wandern in die Decke
Offensichtlich stellen BYOD/CYOD und das IoT die Netzwerkwelt auf den Kopf. Eine Konsequenz ist der Wechsel der wesentlichsten Anforderung für RJ45-PoE-Dosen von Bodenebene auf Deckenhöhe. WLAN in Form von 802.11ac erweist sich durch benötigte Bandbreiten von mehr als 1 GBit/s und den notwendigen Einsatz von Kategorie-6A-Produkten als Killer-Appikation. Und wieder müssen Netzwerk-Manager für eine verlässliche Netzwerkplanung beträchtliche Fähigkeiten und ein gutes Gespür beweisen.

FTTC (Fibre to the Ceiling) als Lösung für den Bandbreitenbedarf von WLAN nach 802.11ac: LWL ist durchaus eine Option.

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